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Untersuchung zu Stahllamellen: Lokal begrenzte Verstärkungsmaßnahmen für Stahlkonstruktionen sind optimierbar

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 20. Dez. 2023

Mehr Nachhaltigkeit durch effizienteren Baustoffeinsatz und Konstruktionsanpassungen angestrebt

Im Stahlbau konzentriert man sich immer stärker auf eine nachhaltigere Bauteilproduktion und -anwendung. Hierbei geht es bislang weniger um die Betrachtung der Wiederverwendungsmöglichkeiten, was unter anderem an der für das Recycling problematischen Zusammensetzung von Stahlbauteilen liegt (siehe dazu ein Gespräch mit Michael Braungart (Cradle to Cradle)).

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Bild 1: Hochschulprofessor André Dürr und Doktorand Jakob Roth haben im Rahmen eines Forschungsprojektes das Schleifen sowie das Hämmern von Schweißnähten an Stahllamellen untersucht und optimiert. Foto: Wolfram Schlenker

Intensiv geforscht wird hingegen zur Ressourceneffizienz, also der sparsamsten Nutzung des vorhandenen Baustoffs. Einerseits setzt man dabei auf Gewichtsreduzierung. Andererseits sollen die Stahlbaukonstruktionen optimal an auftretende Belastungen angepasst werden. Das Credo lautet also: So wenig Stahl wie möglich und so viel wie nötig.

Forschungsprojekt an der Hochschule München: Aufgeschweißte Stahllamellen sollten optimiert werden

Aufgeschweißte Lamellen gelten seit langem als eine Standardlösung zur Gewichtoptimierung und als lokal begrenzte Verstärkungsmaßnahme im Stahl- und Brückenbau sowie im Maschinen- und Fahrzeugbau. Lamellen haben den Vorteil, dass sie nicht über die gesamte Konstruktion verwendet werden müssen, sondern nur dort, wo es statisch und unter Berücksichtigung der zyklischen Ermüdungsbeanspruchung erforderlich ist.

Kritisch bei aufgeschweißten Lamellen sind jedoch die Enden jeder Lamelle. Dies liegt an der abrupten Querschnittsänderung. Die Anwendung von modernen hochfesten Stahlsorten ist deshalb häufig nicht wirtschaftlich. Eine Möglichkeit, um die Ermüdungsfestigkeit für das Lamellenende zu steigern und die Lebensdauer von Stahlkonstruktionen zu verlängern, ist eine Form- und Fertigungsoptimierung aufgeschweißter Stahllamellen im Endbereich.

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Bild 2: An der Hochschule München wurde zur Formoptimierung von aufgeschweißten Lamellen unter Ermüdungsbeanspruchung (hier: Überprüfung des Risswachtstums im Großversuch) geforscht. Foto: Wolfram Schlenker

André Dürr, Professor für Stahlbau und Baustatik an der Fakultät Bauingenieurwesen der Hochschule München, hat sich gemeinsam mit dem Doktorand Jakob Roth sowie Martin Mensinger und Niklas Rausch von der Technischen Universität München diesem Thema im Forschungsprojekt "Formoptimierung von aufgeschweißten Lamellen unter Ermüdungsbeanspruchung" gewidmet.

Nachbearbeitung durch Schleifen und Hämmern ebenfalls untersucht und verbessert

Das Wissenschaftlerteam erforschte dabei auch, wie sich verschiedene Methoden der Nachbearbeitung der Schweißnähte auf die Lebensdauer auswirken. Wissenschaftlich untersucht wurden das Schleifen der Schweißnaht sowie das höherfrequente Hämmern, bei dem mittels eines pulsierenden Pins der Nahtübergang plastisch verformt wird.

Die ausführlichen Versuchsreihen ergaben, dass es besser ist, von der Lamelle in Richtung Grundmaterial zu schweißen anstatt andersherum. Positiv wirkte sich im Labor auch ein Schleifen der kompletten Naht inklusive der ersten paar Zentimeter der Lamelle aus, wobei ein sanfterer Übergang entstand. Einen ähnlichen Verbesserungseffekt konnten die Forschenden auch durch höherfrequentes Hämmern an den Nahtübergängen erreichen.

"Die Ergebnisse waren durch die Nachbehandlungen in diesen kleinen Bauteilabschnitten so gut, dass es hier zu überhaupt keinem Versagen mehr im Bereich der Lamelle kam", erläutert Dürr. Um die Praxistauglichkeit der Versuche zu überprüfen, wurden zusätzlich auch Großversuche mit Trägern gemacht (Bild 2), wie sie auch in realen Konstruktionen verwendet werden. Die Forschenden sind zuversichtlich, dass alle Erkenntnisse, die in diesem Projekt gewonnen wurden, direkt in der Praxis umgesetzt werden können.