Urteil: Telekommunikationsnetz keine geregelte Planungsleistung
# 02.01.2020
Bauwerk laut Bundesgerichtshof nicht von HOAI abgedeckt. HOAI-Grundleistungen dennoch möglich. Detaillierte Vorkalkulation für freie Honorarvereinbarungen ratsam
BGH: Telekommunikationsnetz ist nicht in der HOAI geregelt
Welche Planungsleistungen gehören noch in den Regelungsbereich der HOAI und welche nicht? Diese Frage stellt sich vor allem bei § 41 Nr. 7 HOAI, denn dort ist geregelt, dass zum Anwendungsbereich der HOAI auch „sonstige Einzelbauwerke“ zählen.
Was versteht man aber unter einem „sonstigen Einzelbauwerk“? Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage für den Anwendungsfall „Telekommunikationsnetz“ beantwortet.
Für das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart und den BGH fällt ein Telekommunikationsnetz als solches weder unter die HOAI-Regelungen für ein „Ingenieurbauwerk“ noch für ein „sonstiges Einzelbauwerk“. Honorarvereinbarungen bezüglich der Planung und Bauüberwachung für Telekommunikationsnetze sind damit selbst dann frei vereinbar, wenn die konkret vereinbarten Leistungsinhalte den HOAI-Grundleistungen entsprechen (OLG Stuttgart, Urteil vom 06.11.2018, Az. 10 U 5/18, Abruf-Nr. 212277; rechtskräftig durch Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde, BGH, Beschluss vom 26.06.2019, Az. VII ZR 247/18).
Einzelfallbezogene Honorarkalkulation notwendig
Die Entscheidung hat zur Folge, dass Planer ihr Honorar für die in Rede stehende Planungsleistung einzelfallbezogen kalkulieren müssen. Dabei muss nicht auf Parameter wie zum Beispiel die Honorarzone oder Inhalt und Umfang der anrechenbaren Kosten zurückgegriffen werden. Dies gilt erst recht für die Bauüberwachung (und das dafür erforderliche Honorar).
Kalkulationsgrundlagen in Vertrag einbeziehen
Planer sollten bei ihrer Kalkulation die folgenden acht Leitpunkte berücksichtigen und diese Inhalte möglichst zum Vertragsbestandteil machen:
- konkrete Vereinbarungen für alle zu erbringenden Einzelleistungen; Komplettheitsklausel vermeiden
- Vereinbarung darüber, wie sich das Honorar herleitet und rechnerisch ermittelt; Honorarermittlungsgrundlagen beifügen; nur Begriffe verwenden, die in der HOAI oder z.B. der DIN 276 hinreichend definiert sind
- Leistungszeiträume für Planung, Ausschreibungsverfahren und Bauüberwachung auf der Baustelle eindeutig definieren, damit klar ist, wie sich eine Verzögerung definiert, und wann sie eintritt
- zu Grunde liegende Kostenermittlung - und damit den Honorarrahmen - festsetzen (z.B. Kostenermittlung aus der Entwurfsplanung)
- Regelung, wie das Honorar verhältnisgerecht angepasst wird, wenn sich z.B. Planungsänderungen mit Kostenauswirkungen oder Verzögerungen gegenüber der vorgesehenen Vertragslaufzeit ergeben
- Schwierigkeitsgrad der Aufgabe (ähnlich Honorarzone) berücksichtigen
- Honorare für Planungs- und Überwachungsleistungen für provisorische Maßnahmen sowie Baustellenabsicherungen (besonders wichtig bei Linienbaustellen wie im Fall des OLG Stuttgart) kalkulieren
- konkrete Vereinbarung, welche Leistungen für das Honorar in der örtlichen Bauüberwachung erbracht werden (ansonsten erhöhte Honorarrisiken!)
HOAI als Kalkulationsgerüst verwendbar
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, sich hilfsweise mit einer individuellen vertraglichen Vereinbarung an das Honorarbemessungssystem der HOAI anzulehnen. Hier muss aber darauf geachtet werden, dass einige Regelungen aus der HOAI nicht auf Telekommunikationsnetze zugeschnitten sind.
Fazit: Telekommunikationsnetze immer besondere Planungsleistungen
Planer sollten bei jedem Auftrag über die Planung und Bauüberwachung von Telekommunikationsnetzen die Leistungs- und Vergütungsvereinbarung neu festlegen und sich dabei an den Projektgegebenheiten orientieren.