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Verkehrsanlagen: Handbuch zu Vergabe und Ausführung benachteiligt Planer

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 21. Dez. 2017
Kategorie:

# 29.12.2017

Vordrucke erweitern in HOAI genannte Grundleistungen. Anwendung durch Öffentliche Hand begünstigt Mindestsatzunterschreitungen. Bewertung von Einzelleistungen ebenfalls fragwürdig

Leistungsbeschreibungen in Vergabehandbuch weiten Grundleistungskatalog aus

Für die Vergabe und Ausführung von Verkehrsanlagen bietet das entsprechende Handbuch HVA F-StB fragwürdige Vorlagen. Foto: Rudolpho Duba / Pixelio
Für die Vergabe und Ausführung von Verkehrsanlagen bietet das entsprechende Handbuch HVA F-StB fragwürdige Vorlagen. Foto: Rudolpho Duba / Pixelio

Die Vordrucke im "Handbuch für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau" (HVA F-StB) enthalten Ungereimtheiten, die zu Ihren Lasten gehen. Das gilt zum einen für "konkretisierende Leistungsbeschreibungen", die in Wahrheit von Ihnen geforderte zusätzliche Leistungen sind.

Zum anderen ist z.B. die Bewertung von Einzelleistungen in der Leistungsphase 7 nicht konform mit der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).

Die Vordrucke enthalten die Grundleistungen der jeweiligen Leistungsphase als Vertragsbestandteil. Das ist auch in Ordnung so. Problematisch ist, dass in den Vordrucken zusätzlich eine Anzahl von weiteren, in der HOAI nicht enthaltenen Leistungen aufgeführt sind, die es in sich haben.

Diese zusätzlichen Leistungen werden "konkretisierende Leistungsbeschreibung" genannt. Im Saldo führt das dazu, dass die Einzelleistungen mit zusätzlichen Leistungen "angereichert" werden. Ihre Leistungspflicht geht damit weit über das hinaus, was Sie nach den Grundleistungen schulden (und was das Preisrecht mit dem Mindestsatz vorsieht).


Öffentliche Hand fördert kalkulatorische Mindestsatzunterschreitungen

Das kommt natürlich auch in Vergabeverfahren zum Tragen, nämlich in der Form, dass Planungsbüros für ein Mindestsatzhonorar im Ergebnis deutlich mehr Leistungen anbieten als nach "HOAI-Mindestsatz regulär". Diese Leistungen schulden sie dann auch. Die öffentliche Hand fördert damit "kalkulatorische Mindestsatzunterschreitungen".


Beispiel 1: Leistungsphase 7 Teilleistung c)

Wortlaut HOAI: "Abstimmen und Zusammenstellen der Leistungen der fachlich Beteiligten, die an der Vergabe mitwirken."

Wortlaut HVA F-StB: "Abstimmen und Zusammenstellen der Leistungen der fachlich Beteiligten, die an der Vergabe mitwirken und Einholen von Stellungnahmen zu Nebenangeboten oder sonstigen fachspezifischen Leistungsinhalten der Angebote."

Kommentar: Die Prüfung und Wertung von Nebenangeboten ist eine Besondere Leistung. Das Einholen von Stellungnahmen zu Nebenangeboten kann daher bereits dem Sinn der HOAI nach keine Grundleistung sein. Nach HOAI werden in den Grundleistungen nur Hauptangebote gewertet oder geprüft.


Beispiel 2: Leistungsphase 2 Teilleistung b)

Wortlaut HOAI: "Analysieren der Grundlagen"

Wortlaut HVA F-StB: "Analysieren der Grundlagen und Durchführen von zur Lösung der Aufgabenstellung erforderlichen Erkundungen, z. B. Nutzung angrenzender Flächen, Erfassen örtlicher Gegebenheiten durch Bilddokumentation, Dokumentieren von Mängeln im funktionalen und gestalterischen Bereich, Mängelanalyse."

Kommentar: Hier wird in die Analyse der Grundlagen eine Art Bestandsaufnahme hineinformuliert, die im Verordnungstext so nicht enthalten ist. Das gilt vor allem für das Dokumentieren von Mängeln und die Mängelanalyse.


Beispiel 3: Leistungsphase 3 Teilleistung a)

Wortlaut HOAI: "Erarbeiten des Entwurfs auf Grundlage der Vorplanung durch zeichnerische Darstellung im erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen[,] Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sowie Integration und Koordination der Fachplanungen."

Wortlaut HVA F-StB: "Erarbeiten des Entwurfs auf Grundlage der Vorplanung durch zeichnerische Darstellung im erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad unter Berücksichtigung aller fachspezifischen Anforderungen[,] Bereitstellen der Arbeitsergebnisse als Grundlage für die anderen an der Planung fachlich Beteiligten, sowie Integration und Koordination der Fachplanungen und Entwerfen der Straßenentwässerung; Bemessen und Eintragen in den Straßenentwurf."

Kommentar: Hier wird versucht, die Straßenentwässerung in die Verkehrsanlage "hineinzuschreiben". Die Anlagen der Abwasserentsorgung sind jedoch nach § 41 Nr. 2 HOAI Ingenieurbauwerke. Sie sind auch bei den Ingenieurbauwerken in der Objektliste geführt. Zur Verkehrsanlage können allenfalls die Einläufe und die Anschlüsse an die Sammelleitungen gehören, die gesamte Straßenentwässerung jedoch nicht.

Die amtliche Begründung zur HOAI steht hier im Widerspruch zum Verordnungstext. Nach Auskunft führender Rechtsanwälte gilt in solchen Fällen der Verordnungstext vorrangig.


HVA-Bewertung von Einzelleistungen widerspricht HOAI

Die Bewertung von Einzelleistungen nach dem Handbuch für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau ist nicht mit der HOAI vereinbar. Grafik: IWW
Die Bewertung von Einzelleistungen nach dem Handbuch für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau ist nicht mit der HOAI vereinbar. Grafik: IWW

Ein zweiter Knackpunkt innerhalb des Vergabehandbuches ist die Bewertung von Einzelleistungen in der Leistungsphase 7 im Leistungsbild Verkehrsanlagen. Die HVA hat in ihrer Bewertung einfach unreflektiert alle Grundleistungen gleich bewertet.

Abbildung 1 zeigt die Bewertung, die in den HVA F-StB vorgenommen wurde. Diese Vorgehensweise ist weder fachtechnisch richtig noch entspricht sie der HOAI. § 8 Abs. 2 HOAI fordert, die jeweiligen Einzelleistungen verhältnisgerecht zu bewerten ("anteiliges Honorar, welches dem Anteil an der Leistungsphase entspricht").

Die Fehler wiegen schwer, weil die seit vielen Jahren bekannten kalkulatorischen Erfahrungen, die sich u. a. in der Siemon-Tabelle (Abb. 1, rechte Spalte) widerspiegeln, einfach über den Haufen geworfen werden. Es ist nicht nachvollziehbar, dass das Einholen von Angeboten genauso hoch bewertet wird, wie das Prüfen und Werten der Angebote und Aufstellen des Preisspiegels.


Honorarauswirkungen bei größeren Projekten gravierend

Besonders gravierend auf das Honorar wirken sich die Bewertungsfehler bei mittleren oder größeren Projekten aus, bei denen öffentliche Auftraggeber die Angebote selbst einholen. Nach dem eigenen Bewertungsprinzip ziehen sie hier nämlich stolze 0,5 Prozent von Ihrem Gesamthonorar ab.

Die Honorarauswirkung in der Leistungsphase 7 Teilleistung a) lässt sich an einem Beispiel zeigen. Es handelt sich um den Neubau einer Verkehrsanlage. Die anrechenbaren Kosten betragen 7,5 Millionen Euro. Das Objekt ist in Honorarzone IV.


Fazit: Vergabehandbuch nicht mit Honorarordnung vereinbar

Das "Handbuch für die Vergabe und Ausführung von freiberuflichen Leistungen im Straßen- und Brückenbau" (HVA F-StB) enthält eine Reihe von Ungereimtheiten, die nicht mit der HOAI in Einklang zu bringen sind. Es lohnt sich, Auftraggeber im Rahmen von Vergabeverfahren darauf aufmerksam zu machen.

Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob Sie bei solchen Vergabeverfahren und Projektabwicklungen rechtliche Schritte einleiten.



QUELLEN UND VERWEISE:

Öffentliche Vergabe: Regelung zur Schätzung des Auftragswerts gekippt
Honorarvorschlag: Örtliche Bauüberwachung von Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerken berechnen
Planungsbüro professionell (PBP)