Wärmepumpe als Heizungsanlage: CE-Kennzeichnung ersetzt bauaufsichtliche Zulassung nicht
Streitfall: KfW-70-Standard in Doppelhaushälften erfüllt oder nicht
Wie so oft in der täglichen (Gerichts-)Praxis, hatten die Bauvertragsparteien auch in einem Rechtsstreit vor dem OLG Hamburg über die Frage gestritten, ob die erbrachte Bauleistung mangelhaft sei oder nicht. Insgesamt 16 Kläger (acht Ehepaare) hatten zwei Bauträger verklagt.
Die Kläger hatten acht Doppelhaushälften bei den Bauträgern gekauft. Als Grundlage für die herzustellende Leistung war unter anderem vereinbart, dass neben der gültigen Energieeinsparverordnung und Lärmschutzverordnung die Häuser nach dem Standard „KfW Effizienzhaus 70“ herzustellen waren, gemäß der zu dieser Zeit aktuellen EnEV 2009.
In der Folgezeit hatten die Käufer die Meinung vertreten, dass die in allen Häusern baugleichen Heizungsanlagen unterdimensioniert seien, sodass in viel zu hohem Ausmaß die elektrische Nachtheizung aktiviert werde. Trotzdem sei es vor allen Dingen in den Bädern bei winterlichen Temperaturen nicht richtig warm geworden. Die elektrische Zuheizung verursache unerwartet hohe Kosten.
Der KfW-70-Standard sei nicht erfüllt und die Heizungsanlagen seien mangelhaft. Diese würden darüber hinaus nicht über die erforderliche bauaufsichtliche Zulassung verfügen. Das bestritten die beklagten Bauträger und verweigerten eine Nacherfüllung. Daraufhin klagten die Ehepaare einen Kostenvorschuss für eine Mängelbeseitigung von gut 221.000 Euro ein.
Gutachten: Elektronische Wärmepumpen benötigen bauaufsichtliche Zulassung
In der ersten Instanz lag ein Gutachten vor, in dem der Sachverständige feststellte, dass gemäß der Bauregelliste des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) gelte, dass elektronische Wärmepumpen der DIN 4701-10:2003-08 entsprechen bzw. eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung haben müssten. Diese Unterlagen lägen nicht vor. Die Heiztechnik sei bauaufsichtlich zwar zugelassen für die Verwendung als Lüftungsanlage, nicht jedoch für die Verwendung als Heizung.
Der Gutachter bestätigte gleichwohl, dass eine CE-Kennzeichnung und eine EG-Konformitätserklärung für die Anlage vorlagen. Das reichte dem OLG Hamburg (Urteil vom 1. Juni 2022,4 U 113/18, Nichtzulassungsbeschwerde durch den BGH zurückgewiesen mit Beschluss vom 10.5.2023 – VII ZR 127/22) aber nicht aus:
- Die Leistung des Auftragnehmers ist mangelhaft, wenn die von ihm eingebaute Heizungsanlage bauaufsichtlich nicht zugelassen ist bzw. die erforderliche bauaufsichtliche Zulassungsbescheinigung nicht vorgelegt wird.
- Weder eine CE-Kennzeichnung noch eine EG-Konformitätserklärung können eine konkrete bauaufsichtsrechtliche Zulassung ersetzen.
- Der Umstand, dass der beauftragte Gerichtssachverständige für den zu begutachtenden Bereich nicht öffentlich bestellt und vereidigt ist, stellt seine Fachkompetenz nicht zwingend in Frage.
OLG folgt Gutachten: Fehlende bauaufsichtliche Zulassung ist als Mangel zu werten
Eine CE-Kennzeichnung kennzeichne Produkte, die in der EU frei gehandelt werden dürften. Vorliegend gehe es allerdings nicht darum, ob die streitgegenständlichen Heizungsanlagen in Deutschland verkauft und eingebaut werden durften. Maßgeblich sei hier vielmehr, dass die bauaufsichtliche Zulassung im konkreten Fall erforderlich sei, um den Nachweis der Einhaltung der für die Förderung erforderlichen Kennwerte der EnEV 2009 zu erbringen.
Heizungsanlagen könnten in Deutschland mit der CE-Kennzeichnung grundsätzlich ohne eine bauaufsichtliche Genehmigung verkauft und eingebaut werden. Eine bauaufsichtliche Zulassung sei in Deutschland jedoch (nur) dann zusätzlich zur CE-Kennzeichnung nötig, um den Nachweis für das Vorliegen des KfW-70-Effizienzhaus Wertes nachweisen zu können.
Dass im vorliegenden Fall die bauaufsichtliche Zulassung fehle, sieht das OLG als "K.O.-Kriterium" und damit als Mangel an. Auf die Frage, ob die eingebaute Heizungsanlage die für die KfW-70-Förderung maßgeblichen Kennwerte gleichwohl erreichen, komme es überhaupt nicht mehr an.
(Diesen und weitere Beiträge zur aktuellen Baurechtsprechung sowie zur allgemeinen Baupraxis finden Sie im monatlich erscheinenden Ratgeber UnternehmerBrief Bauwirtschaft.)