Was die Wärmepumpe in großen und kleinen Bestandsgebäuden leisten kann
Energieeffiziente Gebäudetechnik als großes Lehr- und Forschungsfeld
Ein Viertel der Energie in Deutschland wird in Gebäuden verbraucht. Die Gebäudetechnik und hier auch und vor allem die Heizungsart spielen daher eine große Rolle bei der bundesweiten Energieeinsparung bzw. Effizienzsteigerung.
Großes Potenzial wird hier der Wärmepumpe zugesprochen. Nahezu die Hälfte aller installierten Wärmeerzeuger in Neubauten sind bereits Wärmepumpen. Einer, der bestens über die Technologie Bescheid weiß, ist Michael Schaub.
Als Professor für energieeffiziente Gebäudetechnik forscht und lehrt er an der Hochschule Coburg, welche unter anderem Fachkräfte im Bachelor-Studiengang „Bauingenieurwesen - Energieeffizientes Gebäudedesign“ ausgebildet.
Experte: Dezentrale Wärmepumpe ist ein Effizienzwunder
Schaub sieht in der Wärmepumpe ein wahres Effizienzwunder: „Wir können aus einer Kilowattstunde Strom drei bis vier Kilowattstunden nutzbare Wärme gewinnen. Drei Anteile Umweltwärme werden genau an dem Ort, an dem ich es brauche, und zu dem Zeitpunkt, zu dem ich es brauche, eingekoppelt.“
Diese drei Anteile Energie müssten nicht transportiert und gespeichert werden, wodurch die Stromnetze weniger belastet werden. Hinsichtlich der CO2-Emmissionen sei die Wärmepumpe eine Verbesserung im Vergleich zur Öl- und Gasheizung um 40 bis 60 Prozent, so Schaub.
Zahlreiche Studien zur Transformation des deutschen wie europäischen Energiesystems würden laut Schaub belegen, dass in etwa zwischen 60 und 80 Prozent der Wärme durch Wärmepumpen gedeckt werden kann. Der Rest müsse durch Wärmenetze und sonstige Energieträger bereitgestellt werden.
Natürliches Kältemittel Propan für die meisten Bestandsgebäude ausreichend
Aktuell sorgt das geplante Heizungsgesetz der Bundesregierung für einigen Wirbel bei Hausbesitzern, besonders bei Alteigentümern. Klar scheint, dass die fossilen Energiequellen Öl und Gas früher oder später ersetzt werden müssen.
Hier sieht Michael Schaub die Wärmepumpe als Alternative weit vorn: „Für Wärmepumpen in Bestandsgebäuden gab es in den vergangenen zwei Jahren eine enorme Entwicklung: Durch das natürliche Kältemittel Propan schaffen wir es, bei -10 Grad Außentemperatur 70 Grad warmes Wasser zu liefern und dieses reicht aus für die allermeisten Bestandsgebäude, auch mit Heizkörpern.“
An ganz kalten Tagen sei die Wärmepumpe nicht besonders effizient. „Aber solche Minustemperaturen kommen auch nicht so häufig vor“, meint der Experte. Zwei Drittel der Heizwärme würden bei Außentemperaturen von über Null Grad erzeugt. Im Jahresdurchschnitt liefere die Wärmepumpe damit auch im Bestandsgebäude sehr effiziente Werte.
Schaub sieht noch einen Vorteil der Wärmepumpe bei der Umrüstung alter Heizungssysteme: „Wir können eine Wärmepumpe einbauen und müssen nicht gleichzeitig sanieren. Das können wir im nächsten Schritt nachholen.“
Geschosswohnungsbau: Quellenerschließung und Systemtemperatur als Herausforderungen
Während Wärmepumpen in alten Ein- und Zweifamiliengebäuden inzwischen vermehrt eingebaut werden, ist der Einsatz in Mehrfamilienbestandsgebäuden bzw. im Geschosswohnungsbau bisher wenig verbreitet. Technische Herausforderungen ergeben sich hier aus der höheren erforderlichen Leistung des Wärmeerzeugers und der Verortung der Gebäude auch in Quartieren mit dichter Bebauung.
Weiter erfolgt die Wärmeübergabe in Mehrfamilienbestandsgebäuden zum Großteil mit Heizkörpern (auch älteren Datums), die häufig mit hohen Vorlauftemperaturen betrieben werden. Trinkwarmwasser wird ebenfalls bei hohen Temperaturen bereitgestellt (Legionellenschutz). Daher ergeben sich die zwei thematischen Bereiche „Quellenerschließung“ und „Absenkung von Systemtemperaturen“ als Schwerpunkte, die in der Identifikation von Lösungsansätzen zu beachten sind.
Bei der Umsetzung von Wärmepumpen in Mehrfamiliengebäuden ist nach neuster Forschung eine Vielzahl an möglichen Systemkombinationen denkbar. Ein wichtiger Punkt bei der zunächst nötigen Klassifizierung von Wärmepumpensystemen ist die Definition der Integrationstiefe in das Gebäude. Diese reicht von komplett zentralen Systemen für das ganze Gebäude über Etagenlösungen bis hin zu vollständig dezentralen raumweisen Systemen. In Deutschland dominierend sind zentrale Systeme.
Mit Unterstützung des Bundeswirtschaftsministeriums wurden zuletzt bereits verschiedene Forschungsprojekte an Bestandsbauten in ganz Deutschland durchgeführt, woraus sich verschiedene Lösungsansätze und neue Problemfelder ergaben (s.u. Link: "Wärmeversorgung im Geschosswohnungsbau mit Wärmepumpen").