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Wohnen in Fabriknähe: Wie eine Lärmsanierung im Mischgebiet für Ruhe sorgt

Verfasst von: Sabrina Deininger
Veröffentlicht am: 21. Jan. 2025

Von 120 auf 90 dB(A) oder, anders gesagt, vom Rockkonzert zur Kammermusik. So lautete das Ziel der Lärmsanierung an einer Papierfabrik in Thüringen. Der Fokus lag dabei auf den Zu- und Abluftanlagen, welche sich auf dem Fabrikdach befinden. Die Papierfabrik steht in einem Mischgebiet, wo Wohnen und Gewerbe aufeinandertreffen und Lärm ein sensibles Thema ist.

Die Papierherstellung erzeugt nicht nur wegen der Produktionsmaschinen, sondern auch wegen der Heiz- und Lüftungsanlagen einen erheblichen Geräuschpegel. Ein Anwohner beschwerte sich darüber beim Umweltamt und der hinzugezogene TÜV bestätigte, dass nachts mehr als die erlaubten 45 dB(A) das Schlafzimmerfenster erreichten. Die Papierfabrik musste handeln und ihre Immissionswerte senken.

Papierfabrik
Bild 1 - Insgesamt fünf Kulissenschalldämpfer (im Bild: Nebelabsauganlage) ​​​​​sorgen auf einer Papierfabrik in Thüringen für TÜV-konformen Lärmschutz. Foto: BerlinerLuft. Technik

Viel akustische Leistung auf wenig Platz

"Für uns, als Experten im Bereich Industrieschall, ist dies ein ganz typischer Fall", erklärt Achim Rockel aus dem Vertrieb und Produktmanagement Schallsysteme der BerlinerLuft. Technik GmbH. Nach einem Besuch vor Ort in der Papierfabrik und anhand der TÜV-Messwerte entwickelten die Spezialisten für Lüftungs- und Klimatechnik ein Konzept zur Lärmsanierung und Schallreduzierung. Es ergab sich die Herausforderung, dass sehr viel akustische Leistung auf sehr wenig Platz untergebracht werden musste. "Da war eine gute Planungs- und Vorarbeit nötig", betont Rockel.

Lärmsaniert wurde nämlich auf dem Dach der Papierfabrik in rund zehn Metern Höhe. Denn dort wurden die Anlagen zur Be- und Entlüftung bei der Papierproduktion als 'Lärmmacher' identifiziert: Der TÜV maß auf dem Dach 120 dB(A). "Wir mussten runter auf eine Schallleistung von 90 dB(A), damit durch die Entfernungsdämpfung nur noch 45 dB(A) am Schlafzimmerfenster des Anwohners ankommen", verdeutlicht Rockel. Zur Einordnung: 120 dB(A) entsprechen einem startenden Flugzeug oder einem lauten Rockkonzert. 90 dB(A) laut sind beispielsweise ein Orchester oder Kammermusik.

Kühlungsventilatoren produzieren und verbreiten Lärm

Der TÜV ermittelte auf dem Dach insgesamt vier Schallquellen, an denen die Spezialisten der BerlinerLuft. Technik ansetzten: eine Anlage zur Vakuumabluft, eine Anlage zur Nebelabsaugung, je eine Zuluftanlage für den Brennerraum und für das Maschinen Control Center (MCC) der Papiermaschine. Ursachen für den Schall sind hier vor allem die zahlreichen Ventilatoren, die in diesen Anlagen verbaut sind, um die heiße Luft, die bei der Papierproduktion entsteht, abzukühlen.

Aber auch die Heizungs- und Brenneranlagen innerhalb der Produktionshalle machen Lärm, der über die Lüftungsanlagen nach außen tritt. Um den Schall auf dem Fabrikdach auf die vom TÜV geforderten 90 dB(A) zu reduzieren, wurden an jeder Lüftungsanlage so genannte Kulissenschalldämpfer eingebaut, wie sie vorwiegend in raumlufttechnischen Anlagen (RLT-Anlagen) zum Einsatz kommen.

Schallpegel an Vakuumpumpen um 50 dB(A) reduziert

Die umfangreichste Lärmsanierung erhielt die Anlage für die Vakuumabluft. Hier reduzierten die Lüftungsprofis den Schallpegel der Vakuumpumpen um 50 dB(A). Da feuchte, zellulosefaserhaltige Luft abgesaugt wird und der abgesaugte Wasserdampf bis zu 150°C heiß ist, fertigte die BerlinerLuft. Technik den Kulissenschalldämpfer komplett aus Edelstahl.

Dieser ist 1.300 x 1.400 x 2.800 mm (B x H x L) groß und schafft einen Volumenstrom von 35.145 m³/h. Neben der Edelstahlausführung sollte der Kulissenschalldämpfer zudem zur Reinigung und Revision zugänglich sein. "Wir haben eine spezielle Revisionsöffnung eingebaut. Die Kulissen können über eine Wartungstür im Schalldämpfergehäuse ausgezogen werden", erklärt Rockel.

Vakuumabluft
Bild 2 - Aufgrund der feuchten, zellulosefaserhaltigen Luft wurden die Kulissenschalldämpfer in der Anlage für die Vakuumabluft aus Edelstahl gefertigt. Foto: BerlinerLuft. Technik

Der Sonderbau hat gleich zwei Vorteile für die Papierfabrik: Erstens muss der Schalldämpfer nicht komplett ausgetauscht werden, wenn er eine Staubschicht angesetzt hat, sondern er wird gereinigt. Zweitens sind durch die ausziehbaren Kulissen die Standzeiten der Anlage bei einer Revision möglichst gering. "Mit geübtem Personal dauert die Revision zwei bis drei Stunden. Meist erledigt das die Papierfabrik, wenn sie die Papiersorte wechselt und die Anlage deswegen sowieso stillsteht", verdeutlich Rockel.

Feuchte, heiße, staubhaltige Luft ist auch in der Anlage zur Nebelabsaugung eine Herausforderung. Auch hier setzten das Sanierungsunternehmen auf eine Ausführung in Edelstahl und zugängliche Kulissen für die Reinigung und Wartung. Die Anlage ist zudem mit einer abnehmbaren Regenhaube bzw. einem Rieselschutz ausgestattet.

Der 1.600 x 1.200 x 2.000 mm (B x H x L) große Kulissenschalldämpfer arbeitet mit einem Volumenstrom von 28.190 m³/h. Dank eines Resonatorteils, das auf 125 Hz abgestimmt ist, kommt die Anlage auch in den tiefen Frequenzen auf den geforderten Richtwert von 80 dB(A). Insgesamt konnte der Pegel an der Nebelabsauganlage durch die Lärmsanierung um 32 dB(A) reduziert werden.

Schalldämpfer für Zuluftanlage neu konstruiert

Die beiden lärmsanierten Zuluftanlagen erreichten nach der Maßnahme eine Pegelreduktion von je 11 dB(A). Für die Zuluftanlage des Brennerraums wurde ein komplett neuer Schalldämpfer inklusive Gehäuse über den vorhandenen Ventilator konstruiert. Der Kulissenschalldämpfer ist quadratisch (1.250 x 1.250 x 1.250 mm) und schafft einen Volumenstrom von 30.000 m³/h.

Die Neukonstruktion ist mit einem Aufnahmerahmen für den Axiallüfter, einem integriertem Kulissenschalldämpfer sowie einer angepassten Ansaughaube aus verzinktem Stahlblech ausgestattet und durfte nur maximal 2,20 Meter über die Attika kommen.

Die zweite Zuluftanlage wurde um zwei zusätzliche Kulissenschalldämpfer aus verzinktem Stahlblech erweitert und die bereits vorhandene Filtereinheit weitergenutzt. Die Schalldämpfer sind je 1.250 x 1.250 x 1.000 mm (B x H x L) groß und arbeiten mit einem Volumenstrom von 32.500 m³/h.

Sanierungsmaßnahmen zeitsparend mit Revisionsarbeiten verknüpft

Das Projekt zur Lärmsanierung in der Thüringer Papierfabrik verlief in zwei Stufen: Zuerst arbeitete die BerlinerLuft. Technik an den beiden Zuluftanlagen, erst danach folgte der Auftrag für die beiden großen und komplexeren Umrüstungen an den beiden Abluftanlagen (Vakuum und Nebelabsaugung). Insgesamt erstreckte sich das Projekt über drei Bauabschnitte, wobei eine schnelle Montage verlangt wurde.

"Für die Sanierungsarbeiten haben wir von einem Anlagenstillstand zum anderen geplant", erklärt Achim Rockel. "Unsere Einbauarbeiten waren an die Revisionsarbeiten in der Papierfabrik geknüpft. Daher mussten wir innerhalb von sechs bis acht Wochen immer sehr flexibel reagieren können und in kurzer Zeit alles parat auf der Baustelle haben. Das war letzten Endes dann doch recht sportlich." Die eng abgestimmte Planung, die Sonderlösungen und die Flexibilität haben sich ausgezahlt. Die abschließende Messung des TÜV hat ergeben: Alle Anforderungen sind erfüllt und die zulässigen Endpegel werden eingehalten.