ÖPP: Bauindustrie befragt Auftraggeber
# 16.05.2014
HDB-Erhebung belegt Zufriedenheit bei überwiegender Zahl der Auftraggeber. Fast hundertprozentige Termintreue diagnostiziert. Verband begrüßt Ausbau der A7 im Rahmen eines ÖPP
116 Auftraggeber von Bauindustrie befragt
"Ich möchte an alle öffentlichen Auftraggeber appellieren, sich der Transparenzinitiative der Bauindustrie zu öffnen, auch wenn die ÖPP-Beschaffungsvariante schon heute eher transparenter ist als die konventionelle. Nur so können wir den ÖPP-Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen."
Mit diesen Worten beschwor Nikolaus Graf von Matuschka, Vorsitzender des Arbeitskreises Öffentlich Private Partnerschaften (AK ÖPP) im Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB), unlängst die Befürworter der nach wie vor umstrittenen Finanzierungsmethode (bauingenieur24 berichtete).
Neben der Beteiligung an der genannten Initiative für mehr Einblick in die oft streng vertraulich behandelten Verträge zwischen Staat und Wirtschaft, ist dem Vorstandsmitglied der Hochtief Solutions AG vor allem die Bestätigung der Vorteile von ÖPP durch die Auftraggeber wichtig, wie er an gleicher Stelle betonte.
Erfreuliche Nachrichten für Matuschka lieferten diesbezüglich jetzt die Umfrageergebnisse einer eigens vom HDB initiierten deutschlandweiten Erhebung. Die Umfrage wurde anonym unter 116 Auftraggebern von ÖPP-Hochbauprojekten durchgeführt, deren Projekte die Bauphase bereits beendet haben bzw. kurz davor stehen. Die Rücklaufquote liegt bei 48,2 Prozent.
Große Zufriedenheit bei Kosten und Fertigstellung
Matuschkas Schlussfolgerungen aus den Ergebnissen lassen für ihn keinen Zweifel: "ÖPP ist zu fast 100 Prozent terminsicher!" 80 Prozent der Auftraggeber hätten in der Umfrage bestätigt, dass ihre Projekte im vorgegebenen Zeitplan fertig gestellt worden seien. Knapp jedes fünfte Projekt (18%) konnte den Bürgerinnen und Bürgern sogar früher als geplant zur Verfügung gestellt werden. Zeitverzögerungen kamen somit nur in zwei Prozent der Fälle vor.
"Ausschlaggebend für die hohe Terminsicherheit ist vor allem die enge Verzahnung von Planen und Bauen in einer Hand“, erklärt Matuschka. Bei ÖPP übernehme darüber hinaus ein Generalunternehmer die Verantwortung für eine termingerechte Fertigstellung und damit auch die damit einhergehenden Risiken. Daher bestehe ein hoher Anreiz, die Gebäude in der vorgegebenen Zeit fertig zu stellen.
In einem zweiten wichtigen Punkt, der Kostensicherheit, liefert die Umfrage ebenfalls eindeutige Zahlen. Ganze 93 Prozent der ÖPP-Hochbauprojekte sind demnach im vereinbarten Kostenrahmen errichtet worden, in zwei Prozent der Fälle sei dieser sogar unterschritten worden.
"Kostenexplosion bei ÖPP? Fehlanzeige", lautet Matuschkas Fazit dazu. Auch hier spiele die Risikoübertragung auf den privaten Partner eine wesentliche Rolle. "ÖPP ist quasi ein vertraglich gesichertes Festpreisangebot bei voller Transparenz", stellt Matuschka klar. "Sollte die ausgeschriebene Leistung teurer werden als vom privaten Partner kalkuliert, geht das zu seinen Lasten."
Qualität immer an Bedingungen geknüpft
Knapp 85 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage seien auch mit der Qualität der erbrachten Leistungen sehr zufrieden bzw. zufrieden. "Im Vergleich zu konventionellen Projekten ist die Qualität bei ÖPP mindestens vergleichbar, vielfach aber auch besser. Gerade bei den Instandhaltungs- und Betriebsleistungen liegt ÖPP deutlich vorn", gibt Matuschka Auskunft.
Zusammenfassend hätten die Auftraggeber die langfristige Planungssicherheit, die höhere Kostentransparenz sowie die schnellere Realisierung als wesentliche Vorteile von ÖPP genannt. Außerdem spiele die höhere wirtschaftliche Effizienz eine grundlegende Rolle.
"Die positive Projektperformance von ÖPP spricht für sich selbst. Sie ist ein Zeichen dafür, dass öffentliche und private Hand sehr wohl erfolgreich zusammenarbeiten können“, bekräftigt Matuschka. Voraussetzung dafür sei die Einhaltung wichtiger ÖPP-Erfolgsbedingungen, wozu eine vorgeschaltete Eignungs- und Wirtschaftlichkeitsprüfung, ein gut gesteuerter Wettbewerb sowie eine vertraglich geregelte Risikoverteilung zählten.
A7-Ausbau als ÖPP verzögerte sich
Die durch die eigene Umfrage bestätigten Vorteile von ÖPP sieht Matuschka aktuell auch für ein größeres Verkehrsprojekt in Niedersachsen gekommen: "Endlich kann der Ausbau der A7 beginnen! Die Ausschreibung als Öffentlich-Private Partnerschaft ist ein wichtiges Signal für die Region, die Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger." Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) hatte zuvor die ÖPP-Ausschreibung der A7 zwischen dem Autobahndreieck Salzgitter und der Anschlussstelle Göttingen angekündigt.
Trotz einer ursprünglichen Weisung des Bundesverkehrsministers a. D. Peter Ramsauer (CSU) hatte sich Niedersachsen weitere sechs Monate gegen die Ausschreibung gesträubt. "Der Zeitverlust ist enorm. Am Ende haben aber die richtigen Argumente für einen Ausbau in ÖPP gesprochen", so Matuschka. Er verwies abermals auf die hohe Kosten- und Terminsicherheit bisheriger ÖPP-A-Modelle sowie auf die hohe Qualität der Bauausführung. Das Land Niedersachsen könne nun die Bauindustrie in die Pflicht nehmen, für das ehrgeizige Projekt alle Innovationskraft aufzubringen, um es zum Erfolg zu führen.
Matuschka betonte außerdem, dass die Befürchtungen, es könnten Arbeitsplatzverluste durch das ÖPP-Projekt entstehen, ausgeräumt werden konnten. "Das Bundesverkehrsministerium hat von Anfang an klargestellt, dass es keine Kündigung der Straßenmeister geben wird", sagte Matuschka. ÖPP führe eher zu mehr Stellen, da die neuen ÖPP-Projektgesellschaften Mitarbeiter einstellen müssten und das zu Konditionen, die mindestens dem TVöD entsprechen, meist aber höher liegen.
Kritik des Bundesrechnungshofes zurückgewiesen
Matuschka plädierte außerdem dafür, sich kritisch mit Vorwürfen des Bundesrechnungshofes auseinander zu setzen. "Die Argumente des Bundesrechnungshofes werfen an vielen Stellen Fragen auf. Vor allem sehen wir die Beschaffungsrealität in seinen Gutachten vernachlässigt", so der Vorsitzende der AK ÖPP.
So würden Annahmen für die konventionelle Finanzierungsvariante getroffen, die der Bundesrechnungshof selbst als nur "hypothetisch" bezeichnet. Zudem verweigere er sich einer adäquaten Berücksichtigung von Risiken der öffentlichen Hand, mit der Begründung, in einem Staat seien Risiken letztlich von den Bürgern zu tragen.