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Abnahme trotz Mängel: Gefährliche Haftungsfalle für Planer

Verfasst von: RA Eva Bouchon, Berlin
Veröffentlicht am: 26. März 2014
Kategorie:

# 28.03.2014

Bauüberwacher nur zur Entgegennahme und technischen Überprüfung einer Leistung verpflichtet. Rechtsgeschäftliche Abnahme allein Sache des Auftraggebers. Büros sollten Kunden auf Rechtslage hinweisen

Bürgschaftsgeber wollen Risiko vermeiden

Das Prädikat 'mängelfrei' sollte von einem Objektplaner nicht grundlos erteilt werden. Foto: Q.pictures  / Pixelio
Das Prädikat 'mängelfrei' sollte von einem Objektplaner nicht grundlos erteilt werden. Foto: Q.pictures / Pixelio

Bauüberwachende Büros werden von Auftraggebern gelegentlich dazu gedrängt, ausführenden Unternehmen die Abnahme mit dem Prädikat "mängelfrei" zu bestätigen, obwohl Mängel mündlich angezeigt wurden und die Beseitigung ebenfalls mündlich vereinbart wurde.

Der Auftraggeber tut dies, weil in Bürgschaftsformularen die Haftung auf Mängelansprüche beschränkt ist, die erst nach der Abnahme erkannt worden sind und die Gewährleistung nur für mangelfrei abgenommene Arbeiten gelten soll. Objektüberwacher, die einer solchen Anfrage nachkommen, gehen ein hohes Risiko ein.

Bürgschaftsgeber wollen dadurch, dass sie ihre Haftung auf nach der Abnahme festgestellte Mängel begrenzen, ihr finanzielles Risiko mindern. Denn für die im Zeitpunkt der Abnahme vorliegenden Mängel könne der Auftraggeber ja im Zweifel auf eine Vertragserfüllungssicherheit des ausführenden Unternehmers zurückgreifen oder Werklohn zurückbehalten, so das Argument der Bürgschaftsgeber.


Planer und ausführende Unternehmen gefährdet

Manche Bauherren glauben jetzt fälschlicherweise, sie würden ihre Rechtsposition verbessern, indem sie – trotz vorliegender Mängel – eine mängelfreie Abnahme bescheinigen, um die Bürgschaft später doch uneingeschränkt in Anspruch nehmen und auf alle Mängel erstrecken zu können.

Zusätzlich werden mündliche Absprachen mit den Unternehmen getroffen, dass diese (auch) diejenigen Mängel beseitigen, die vor der Abnahme aufgetreten waren. Ausführende Unternehmen kennen dieses Szenario und wissen um die Schwäche dieser Rechtssicht, die auch Haftungsrisiken des Objektplaners auslöst.


Pflichten: Objektüberwacher vs. Auftraggeber

Machen Sie sich deshalb bewusst: Die Abnahme-Regelung in der HOAI (etwa in Leistungsphase 8 im Leistungsbild Objektplanung) meint nicht die rechtsgeschäftliche Abnahme. Diese ist nach § 640 BGB oder § 12 VOB/B eine Hauptverpflichtung des Auftraggebers selbst gegenüber den Unternehmern und kann nicht ohne weiteres auf ein bauüberwachendes Büro übertragen werden.

Die in der HOAI erwähnte Abnahme meint nur die Entgegennahme der Leistung und deren technische Überprüfung, insbesondere auf ihre Vertragsgemäßheit (Korbion/Mantscheff/Vygen-Korbion, HOAI, 8. Auflage 2013, § 33, Rn. 248). So ist in der HOAI 2013, Anlage 10 in Leistungsphase 8 nun auch die "Organisation" der Abnahme unter Abgabe einer Abnahmeempfehlung für den Auftraggeber geregelt.

Der Bauüberwacher hat zusammengefasst folgende Aufgaben:

  • Er soll die technische Abnahme durchführen und die Ordnungsmäßigkeit des Unternehmerwerks feststellen bzw. Mängel aufdecken.
  • Er muss den Unternehmer unter Fristsetzung auffordern, festgestellte Mängel zu beheben und er muss das Ergebnis kontrollieren.
  • Er muss dem Bauherrn sein Ergebnis mitteilen und eine Empfehlung aussprechen, ob die rechtsgeschäftliche Abnahme durchgeführt werden soll.
  • Er muss den Auftraggeber über die Folgen belehren.
Hat der Auftraggeber die rechtsgeschäftliche Abnahme erteilt, führt das dazu, dass die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt, die Vergütung fällig wird und dem Auftraggeber die Mängelrechte hinsichtlich der vor Abnahme entdeckten Mängel verlorengehen, wenn diesbezüglich bei der Abnahme kein Vorbehalt erklärt wurde.


Auftraggeber auf Bürgschaften hinweisen

Führen Sie Ihrem Auftraggeber dieses Risiko-Szenario vor Augen – am besten schriftlich. Weisen Sie Ihren Auftraggeber auf jeden Fall darauf hin, dass er seine Mängelrechte (mit Ausnahme von Schadenersatzansprüchen) verliert, wenn er sich die Mängel bei der Abnahme nicht vorbehält.

Am besten ist es aber natürlich, wenn Ihr Auftraggeber einen derartigen Bürgschaftstext vom Versicherer gar nicht akzeptiert. Denn Ihr Auftraggeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen solchen eingeschränkten Bürgschaftsumfang anzunehmen, wenn diesbezüglich keine besondere vertragliche Abrede getroffen wurde.

In der Literatur gibt es sogar schon Stimmen, die davon ausgehen, dass eine solche formularmäßige Einschränkung des Umfangs der Bürgenhaftung unwirksam sein dürfte. Dem stehen jedoch bisher noch Entscheidungen der Oberlandesgerichte entgegen, in denen die Wirksamkeit solcher Klauseln bejaht wurde.


Fazit: Vereinbarung über Bürgschaften vertraglich regeln

Die für die Bürgschaften entscheidende rechtsgeschäftliche Abnahme nach § 640 BGB oder § 12 VOB/B muss der Bauherr erteilen. Verlangt ein Bauherr vom objektüberwachenden Planungsbüro, eine Mängelfreiheit in der technischen Abnahme zu bescheinigen, obwohl diese nicht vorliegt, muss sich der Planer bewusst sein, dass er Haftungsrisiken eingeht, wenn er Mängelfreiheit bescheinigt. Das gilt vor allem für den Fall, dass der ausführende Unternehmer eine mündlich zugesagte Mängelbeseitigung dann doch nicht vornimmt.

Ihr Auftraggeber sollte bereits beim Abschluss des Bauvertrags mit dem jeweiligen ausführenden Unternehmen vertraglich vereinbaren, dass Bürgschaften mit den beschriebenen Einschränkungen nicht akzeptiert werden. Selbst das enthebt den Auftraggeber aber nicht von der Notwendigkeit, den Wortlaut solcher – übersandter – Bürgschaften noch einmal genau zu prüfen.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)