Zum Hauptinhalt springen

Baustellenprotokolle ändern Vertrag

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 20. Jan. 2014
Kategorie:

# 31.01.2014

Gerichte festigen Rechtssprechung bezüglich ergänzender Verhandlungen. Protokoll dient als Bestätigungsschreiben. Empfänger genehmigt Änderungen durch Schweigen. Mitarbeiterschulung wichtig, um Honoraransprüche nicht zu verschenken

Kammergericht und BGH festigen Entscheidung

In ähnlicher Weise hat das KG entschieden (KG Berlin, Urteil vom 18.9.2012, Az. 7 U 227/11). Diese Rechtsprechung darf nun als "gefestigt" erscheinen, weil der Bundesgerichtshof (BGH) die gegen die Nichtzulassung der Revision gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde in beiden Fällen zurückgewiesen hat; im Berliner Fall mit Beschluss vom 11.10.2013 (Az. VII ZR 301/12), im Frankfurter Fall mit Beschluss vom 25.9.2103 (Az. VII ZR 7/12).

Vor allem das KG Berlin hat die Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben in der Urteilsbegründung beinahe lehrbuchhaft aufgelistet:

  • Erhält der Auftragnehmer zeitnah zu einer Verhandlung das Protokoll und ist aus diesem eine Änderung eines Vertrags zu erkennen, ist er in gleicher Weise verpflichtet, den Änderungen zu widersprechen, wie er es wäre, wenn er nach der Vertragsverhandlung ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben über das Ergebnis der Vertragsverhandlung erhalten hätte.
  • Er muss der Vereinbarung, die er oder sein Mitarbeiter getroffen hat, unverzüglich widersprechen, um zu verhindern, dass sein Schweigen wie eine nachträgliche konkludente Genehmigung behandelt wird und die Vereinbarung mit diesem Inhalt zustande kommt.


Bauprotokolle gelten als Bestätigungsschreiben

Diese Grundsätze zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben gelten nach Ansicht der Richter auch für Baustellenprotokolle. Insbesondere wird der Empfänger durch seine Pflicht, den Inhalt des Baustellenprotokolls zu prüfen, nicht überfordert. Diese Prüfpflicht dient nicht nur seinen eigenen Interessen, sondern entspricht den besonderen Anforderungen an ein redliches Verhalten bei der Abwicklung eines Bauvertrags.

Eine solche Abwicklung ist häufig durch Änderungen gekennzeichnet, die sich aus ständig neu auftauchenden technischen oder rechtlichen Problemen ergeben können. Die Änderungen erfolgen in (Nach-)Verhandlungen, Baubesprechungen oder anderen Sitzungen, die dem Zweck dienen, den Vertrag an die veränderten Umstände anzupassen.

Es ist üblich, dass über diese Verhandlungen Protokolle erstellt und an die Parteien verschickt werden. Will jemand den Inhalt des Protokolls nicht gegen sich gelten lassen, muss er ihm unverzüglich widersprechen. Tut er das nicht, erlangt die Erklärung für und gegen ihn Wirksamkeit. Die Vereinbarung kommt mit dem protokollierten Inhalt zustande. Bestand schon ein Vertrag, wird er in dem protokollierten Umfang geändert oder ergänzt.


Anforderungen an Baustellenprotokoll beachten

Damit das Baustellenprotokoll als kaufmännisches Bestätigungsschreiben wirksam wird, muss es sich auf eine getroffene Absprache beziehen, also das Ergebnis der vorausgegangenen Vertragsverhandlungen verbindlich festlegen. Es muss in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit den Verhandlungen zugegangen sein und es muss das wiedergeben, was tatsächlich besprochen worden ist. Nimmt der Empfänger das Bestätigungsschreiben hin, ohne ihm zu widersprechen, gilt sein Inhalt als (neuer) Vertragsinhalt.

Das Baustellenprotokoll ist nur dann ohne Wirkung, wenn der Bestätigende so weit vom Ergebnis der Verhandlungen abweicht, dass er vernünftigerweise nicht mit dem Einverständnis rechnen konnte.


Praxishinweise

Machen Sie sich bewusst, dass Protokolle von Baubesprechungen künftig gravierende Vertragsänderungen auslösen können. Nachfolgende Fälle würden z.B. jeweils Ansprüche auf Zusatzhonorare begründen:

  • Der Auftraggeber beauftragt Sie gemäß Protokoll zur Erstellung eines Modells oder einer Bestandsaufnahme.
  • Das Baubesprechungsprotokoll enthält eine Vereinbarung, wonach Sie fertige Planungen ändern.
  • Das Protokoll ergibt, dass in der Besprechung eine Vereinbarung über die Honorierung einer vorliegenden Bauzeitverlängerung getroffen wurde.
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter! Honorargutachten zeigen, dass Zusatzhonoraransprüche aus Jour-fixe-Protokollen verschenkt werden, weil Sachbearbeiter Änderungen nach ihrer subjektiven Einschätzung für "Planungsfortschreibungen" oder "Planungsoptimierungen" halten, für die kein Honorar anfällt.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)