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DIN-Normen müssen nicht immer eingehalten werden

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Kassel-Espenau
Veröffentlicht am: 7. Okt. 2008
Kategorie:

# 08.10.2008

Der Umgang mit DIN-Normen ist für Planer keine einfache Angelegenheit. Geht es doch darum, eine geeignete, funktionstüchtige und dauerhaft einwandfreie Lösung zu planen. Der Rückgriff auf DIN-Normen ist nicht immer Gewähr dafür. Doch kann man von DIN-Normen abweichen, ohne ein Haftungsrisiko einzugehen? Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt vertritt dazu folgende Auffassung: Ein Mangel der Bauausführung ist dann nicht anzunehmen, wenn unter Einsatz nicht in vollem Umfang DIN-gerechter Konstruktionen dennoch ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird.

Der Fall

Foto: Redaktion
Foto: Redaktion

In einem Baugebiet stand drückendes Wasser an. Der Bauunternehmer erstellte eine vom Architekten geplante Bodenplatte aus wasserdichtem Beton. Die Kellermauern wurden aus Filigranplatten hergestellt, die mit Ortbeton gefüllt und außen mit einer Bitumendickbeschichtung abgedichtet waren. Der Bauherr hielt die Kellerabdichtung für mangelhaft und machte 146.551,72 Euro Schadenersatz für den Einbau einer weißen Wanne geltend. Sein Argument: Die Ausführung entsprach nicht den DIN-Normen, die maßgebend waren als der Keller errichtet wurde.

Die Entscheidung
Das OLG lehnt die Klage ab, obwohl die Ausführung des Bauunternehmers in der entsprechenden DIN nicht vorgesehen war und in Fachkreisen auch sehr unterschiedliche Meinungen dazu existierten. Eine Bauausführung ist nach Ansicht des OLG dann nicht mangelhaft, wenn unter Einsatz nicht in vollem Umfang DIN-gerechter Konstruktionen dennoch ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt wird. Und dieses zufriedenstellende Ergebnis sei im Urteilsfall gegeben gewesen. So habe unter anderem das überzeugende Gutachten des Sachverständigen bestätigt, dass die gewählte Abdichtung sehr gut hielt und den Keller dauerhaft vor drückendem Wasser schützte (Urteil vom 7.7.2006, Az: 13 U 147/05; Abruf-Nr. 082914).


Wichtig:

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Bauherrn zurückgewiesen (Beschluss vom 10.7.2008, Az: VII ZR 162/06).


Konsequenz für die Praxis

Das Urteil ist erfreulich für alle Planer und dient in vielen Fällen auch als gute Begründung für Abweichungen von DIN-Normen. Es kann aber nicht als allgemeingültige Grundlagenentscheidung angesehen werden. Denn die Fälle sind jeweils zu unterschiedlich. Im Ergebnis muss die Konstruktion dauerhaft geeignet sein.



QUELLEN UND VERWEISE:

Wirtschaftsdienst für Ingenieure und Architekten (WIA)