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Haftungsfalle Baufeuchtigkeit: Die richtige Regelung des Vertragsgegenstands vermeidet Haftungsrisiken

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 2. Juni 2005
Kategorie:

# 07.06.2005

Das Thema Baufeuchtigkeit wird beim Bauen im Bestand oft verdrängt oder unter dem Kostendruck verheimlicht. Das böse Erwachen kommt meist am Ende, wenn dem Auftraggeber die Honorarschlussrechnung vorliegt. Das zeigt ein Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Schleswig, den wir zum Anlass nehmen wollen, Ihnen Ratschläge zu geben, wie Sie das Thema "Feuchtigkeit bei Bestandsbauten" in der Praxis in den Griff bekommen.

Der zu Grunde liegende Fall

Feuchteschaden an einer Kellerwand, Foto: Sachverständiger Dr.-Ing. Rolf-Taupitz
Feuchteschaden an einer Kellerwand, Foto: Sachverständiger Dr.-Ing. Rolf-Taupitz

Ein Planer hatte für den Um- und Ausbau eines Altbaus, der ursprünglich über keine Außenisolierung verfügte, die Leistungsphasen (Lph.) 3 bis 8 in Auftrag. Zwei Jahre nach Fertigstellung der Umbauarbeiten zeigten sich in dem Gebäude, einer Boutique, feuchte Stellen. Ein selbstständiges Beweisverfahren ergab, dass es nach wie vor an einer Abdichtung des Gebäudes fehlte. Denn diese war auch im Zuge der Um- und Ausbauarbeiten nachträglich nicht vorgenommen worden.

OLG Schleswig nimmt Planer in die Verantwortung
Das OLG wies dem Architekten die Verantwortung für die fehlende Außenisolierung zu und verpflichtete ihn, dem Auftraggeber Schadenersatz zu leisten. Dabei wiesen die Richter darauf hin, dass dies unberührt davon gelte, dass der Architekt nicht mit den Lph 1 und 2 beauftragt gewesen sei. Auch ein Planer, der erst ab der Entwurfsplanung (Lph 3) beauftragt ist, muss dafür Sorge tragen, dass ausreichende Vorkehrungen gegen Bodenfeuchtigkeit, drückendes oder nicht drückendes Wasser vorgesehen sind (Urteil vom 3.11.2004, Az: 9 U 70/03).

Der Vertragsgegenstand entscheidet
Im konkreten Fall war nur ein mündlicher Vertrag geschlossen worden. Dessen Inhalt war zudem noch streitig. Ist der Vertragsinhalt aber nicht eindeutig geregelt, muss das Gericht den Vertragsgegenstand hilfsweise selbst erkunden und seiner Entscheidung zu Grunde legen.


Gemeinsame Vereinbarung nutzt beiden Seiten

Da die vom Auftraggeber zu tragenden Kosten einer Bauwerksabdichtung normalerweise sehr hoch sind, ist es auch für ihn nicht uninteressant, eine gemeinsame Vereinbarung zu treffen, in der der Vertragsumfang definiert wird. Das gilt vor allem, wenn

  • das Bauwerk jahrzehntelang bis vor dem Umbau trocken war, obwohl im Kellerbereich eine Abdichtung fehlte
  • die Kosten für die nachträgliche Abdichtung im Zuge des Umbaus so hoch sind, dass sich das Projekt nicht mehr lohnt
  • eine nachträgliche Abdichtung mit angemessenen Zusatzkosten (die Ohnehinkosten ausgenommen) möglich ist, wenn später dennoch Baufeuchte auftritt
Unser Tipp: Am besten für den Auftraggeber und für Ihr eigenes Risiko ist es, wenn Sie eine Möglichkeit vorsehen, eine eventuelle Nachbesserung bereits in der Planung zu berücksichtigen. Das Urteil des OLG Schleswig ist zwar noch nicht rechtskräftig, bildet aber dennoch den Rahmen für die klärende Vorgehensweise. Unsere Muster-Vertragsklausel setzt das "vertragstechnisch" um.


Vertragsklausel

"Das umzubauende Bauwerk ... verfügt weder über eine horizontale noch eine vertikale Bauwerksabdichtung. Bedeutende Feuchtigkeitsschäden sind in den letzten Jahren nicht aufgetreten. Die Vertragsparteien vereinbaren deshalb, dass eine horizontale und vertikale Bauwerksabdichtung nicht Gegenstand der mit diesem Vertrag vereinbarten Planungsleistungen ist. Sollte sich später die Notwendigkeit des Einbaus von Abdichtungen ergeben, wird diese Planungsleistung nachbeauftragt."



QUELLEN UND VERWEISE:

Zeitschrift "Wirtschaftsdienst für Ingenieure und Architekten"