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Kontrolle des Tragwerks: Verantwortlichkeiten sehen und handeln

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Kassel-Espenau
Veröffentlicht am: 3. Aug. 2008
Kategorie:

# 04.08.2008

Der Tragwerksplaner und der Prüfingenieur für Baustatik ergänzen sich nicht. Jeder ist für sich tätig und hat sein eigenes Haftungsrisiko. Das müssen Bauleiter wissen und daraus für die ingenieurtechnische Kontrolle des Tragwerks die richtigen Konsequenzen ziehen.

Die Stellung des Prüfingenieurs

Der Prüfingenieur prüft ausschließlich als amtlich tätige Person – wie die Bauaufsichtsbehörde. Der Prüfingenieur muss Prüfgebühren abrechnen - kein Honorar. Die werkvertragliche, privatrechtliche Bauüberwachung, die Abnahme und das Qualitätsrisiko sind davon gänzlich unberührt (Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 15.4.2008, Az: 1 ME 17/08). Der Prüfingenieur haftet für tragwerksrelevante Ausführungsmängel nur, wenn privatrechtlich kein Büro oder Bauunternehmen haftet. Und das ist fast nie der Fall.


Konsequenzen für die Praxis

Um als Bauleiter selbst keine Haftungsrisiken zu übernehmen, sollten Sie den Auftraggeber darüber mit einem Beratungsschreiben informieren und ihm empfehlen, den Tragwerksplaner mit der ingenieurtechnischen Kontrolle des Tragwerks zu beauftragen. Dafür fällt zwar zusätzliches Honorar an. Das ist aber gut angelegt, werden so doch erhebliche Kosten- und Mängelrisiken vermieden.


Musterschreiben an den Bauherrn

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Bauausführung hat mit der Freimachung des Grundstücks am ... begonnen. Alle Arbeiten schreiten planmäßig voran. Auch die Planungsleistungen liegen termingerecht vor.

Es steht jetzt noch die Beauftragung der ingenieurtechnischen Kontrolle der Ausführung des Tragwerks aus. Die tragenden Bauteile sind vom Tragwerksplaner zwar sorgfältig geplant. Jedoch ist vor Ort noch zu prüfen, ob die Planung auf der Baustelle auch richtig umgesetzt wurde. Das ist in den bisherigen Vereinbarungen nicht enthalten, für die mängelfreie Errichtung des Bauwerks aber unerlässlich. Diese Leistung ist nicht Bestandteil der vereinbarten Architektenleistungen, sie kann nur vom Tragwerksplaner erbracht werden.

Eine Nichtbeauftragung kann zu erheblichen Mängelrisiken führen, und Bauverzögerungen bzw. Mehrkosten auslösen. Dies sollte vermieden werden. Die Kosten der zu beauftragenden Leistungen sind im Verhältnis zu den Risiken einer Nichtbeauftragung sehr gering. Ich schlage deshalb vor, den Tragwerksplaner zu bitten, Ihnen ein entsprechendes Angebot zu unterbreiten. Dieses Angebot kann ich gerne sowohl fachtechnisch als auch in Bezug auf die entstehenden Kosten prüfen. Die Beauftragung nach meiner Vergabeempfehlung sollte bis zum … erfolgen, um Bauverzögerungen oder Mehrkosten zu vermeiden.

Mit freundlichen Grüßen
Architekt/in



QUELLEN UND VERWEISE:

Wirtschaftsdienst für Ingenieure und Architekten