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Neues zur Haftungsabgrenzung zwischen Architekt und Tragwerksplaner

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 16. März 2009
Kategorie:

# 16.03.2009

Haftungsabgrenzung zwischen Architekt und Tragwerksplaner immer öfter Gegenstand von Gerichtsentscheidungen. Tendenz zur eigenständigen Haftung jedes Fachplaners. Aktueller Fall: Risse in der Bodenplatte einer Tiefgarage

Architekt muss Berechnung des Tragwerkplaners nicht überprüfen

Fachplaner handeln nach einem Urteil des OLG Stuttgart eigenverantwortlich. Foto: Redaktion
Fachplaner handeln nach einem Urteil des OLG Stuttgart eigenverantwortlich. Foto: Redaktion

In einer fertig gestellten Tiefgarage traten nach einiger Zeit Risse in der Bodenplatte auf, Feuchtigkeit trat ein. Die Planung der Tiefgarage oblag einem Architekturbüro, die Tragwerksplanung einem Fachplaner.

Ursache der Mängel war eine - vom Statiker zu verantwortende - Unterdimensionierung der Bewehrung. Das Architekturbüro hatte damit nichts zu tun. Es hatte dem Statiker weder falsche Vorgaben (zum Beispiel zur geplanten Nutzung) gemacht noch Vorgaben nicht oder nur teilweise weitergegeben.


Unterdimensionierung für Architekten nicht feststellbar

Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Bauherrn zurückgewiesen (Beschluss vom 14.8.2008,Az: VII ZR 16/08). Die Richter haben dabei noch folgende wichtige Aussagen getroffen:

Der Architekt muss auch nicht die geltenden Rechenwerte für die Rissbreitenbeschränkung von Bodenplatten heranziehen, um die Berechnung des Statikers zu prüfen.


Grundregel Nr. 1: Fachplaner handeln eigenverantwortlich

Fachplaner (dazu zählen nach der aktuellen Rechtsprechung nicht nur Tragwerksplaner, sondern auch Fachingenieure der Technischen Ausrüstung) erbringen ihre Leistungen eigenverantwortlich gegenüber dem Bauherrn. Dem Architekten obliegt lediglich die fachtechnische Koordinierung und Beratung sowie das Erkennen von Mängeln, die auch einem Architekten auffallen müssten.


Grundregel Nr. 2: Fachbauleitung muss Bewehrung prüfen

Die (falsche) Lage der Bewehrung vor dem Betonieren ist nicht vom Architekten zu prüfen. Das gilt auch, wenn der Architekt mit der Bauleitungstätigkeit gemäß § 15 Absatz 2 HOAI ab Honorarzone III beauftragt ist. Erforderlich ist in solchen Fällen eine Fachbauleitung des Tragwerkplaners.


Kontrolle des Prüfingenieurs nicht Bestandteil des Werkvertrags

Auch die vielfach "ersatzweise" vom Prüfingenieur durchgeführte Bewehrungskontrolle stellt keine werkvertragliche Kontrolle dar. Der Prüfingenieur wird lediglich hoheitlich tätig.

Wie oben schon erwähnt, wurde die Bewehrungsabnahme im konkreten Fall vom Fachbauleiter der Rohbaufirma durchgeführt. Die Abnahmeprotokolle hatte er – so ergaben es die Besprechungsprotokolle auf der Baustelle – dem Architekten vorgelegt.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)