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Planungsänderungen: Wenn Auftraggeber schriftlichen Auftrag ablehnt

Verfasst von: Pressestelle
Veröffentlicht am: 1. Aug. 2004
Kategorie:

# 02.08.2004

Als Architekt oder Ingenieur haben Sie es nicht einfach: Nach dem Werkvertragsrecht sind Sie vorleistungspflichtig. Sobald Sie schriftlich oder mündlich beauftragt sind, müssen Sie den Planungsauftrag abarbeiten oder den Auftrag, die Planung zu ändern, durchführen. Sie dürfen die Leistung auch dann nicht verweigern, wenn Ihr Auftraggeber beispielsweise keine Abschlagszahlungen leistet.

Tun Sie es dennoch, setzen Sie sich dem Risiko aus, dass der Auftraggeber den Vertrag aus wichtigem Grund kündigt, einen anderen Planer beauftragt und von Ihnen Schadenersatz fordert. Gut zu wissen, dass das Oberlandesgericht Oldenburg von diesem Grundsatz zu Ihren Gunsten abgewichen ist.

Das OLG Oldenburg hat nämlich Folgendes entschieden: Ordnet ein Bauherr die Ausführung von Besonderen Leistungen nach § 5 Absatz 4 HOAI an, weigert er sich aber gleichzeitig, diesbezüglich eine schriftliche Honorarvereinbarung zu unterzeichnen, dürfen Sie die Ausführung dieser Besonderen Leistung verweigern (Urteil vom 10.6.2003, Az: 2 U 13/03).

Der Sachverhalt

Ein Bauherr und ein Architekt hatten eine Pauschalhonorarvereinbarung getroffen, die unterhalb der Mindestsätze lag. Nachdem sich die anrechenbaren Kosten immer weiter nach oben entwickelt hatten, versuchte der Architekt in zahllosen Gesprächen, eine Anpassung der Honorarvereinbarung zu erreichen. Der Auftraggeber blieb dagegen stur, Abschlagsrechnungen des Architekten blieben unbezahlt.

Der Bauherr verlangte schließlich, dass der Architekt die Ausführungsplanung im Hinblick auf die Anordnung von Fensterelementen noch einmal änderte. Dazu wären Besondere Leistungen nach § 5 Absatz 4 HOAI notwendig gewesen. Der Architekt machte diese Leistungen davon abhängig, dass der Bauherr eine schriftliche Honorarvereinbarung unterzeichnet. Da diese nicht zu Stande kam, verweigerte der Architekt die Ausführung der Änderungsleistungen.

Daraufhin kündigte der Bauherr den Vertrag. Er berief sich auf einen Vertrauensbruch des Architekten. Der Architekt seinerseits verlangte auf der Basis der Mindestsätze der HOAI das gesamte Honorar für sämtliche Leistungsphasen abzüglich ersparter Aufwendungen.


Die Entscheidung

Die Oldenburger Richter gaben dem Architekten Recht. Der Auftraggeber war zur Kündigung nicht berechtigt. Der Architekt durfte die Ausführung weiterer Leistungen verweigern, nachdem der Bauherr die Unterzeichnung einer schriftlichen Honorarvereinbarung verweigert hatte.

Volles Mindestsatz-Honorar abzüglich ersparter Aufwendungen - Das OLG sprach dem Architekten deshalb nach § 649 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch die volle Vergütung abzüglich der ersparten Aufwendungen zu. Es stimmte dem Architekten zu, dass er seiner Honorarrechnung die Mindestsätze der HOAI (und nicht das niedrigere Pauschalhonorar) zu Grunde legen durfte.


Konsequenz für die Praxis

Die Entscheidung stärkt Ihre Rechte als Architekt wesentlich. Sie dürfen die Leistung zumindest in solchen Fällen verweigern, in denen sich nach langwierigen Gesprächen herausstellt, dass Sie nicht mehr ernsthaft damit rechnen können, dass Ihr Bauherr freiwillig das zustehende Honorar in voller Höhe bezahlt.

Verweigerungsrecht bei zusätzlichen Besonderen Leistungen - Dies gilt nach der Entscheidung des OLG Oldenburg insbesondere dann, wenn Ihr Auftraggeber die Ausführung zusätzlicher Leistungen anordnet, die Besondere Leistungen im Sinne des § 5 Absatz 4 HOAI darstellen.

Sie wissen: Für Besondere Leistungen besteht ein Honoraranspruch nur dann, wenn Sie mit Ihrem Auftraggeber eine schriftliche Honorarvereinbarung getroffen haben. Diese schriftliche Vereinbarung muss vorliegen, bevor Sie die Besonderen Leistungen ausführen. Verweigert der Bauherr diesbezüglich eine schriftliche Honorarvereinbarung, haben Sie nahezu keine Chance, eine Vergütung für die Besonderen Leistungen zu erlangen.


Entscheidung nicht zu weit auslegen

So erfreulich die Entscheidung auch ist. Wir empfehlen Ihnen, die Leitsätze nicht zu weit auszulegen. Das heißt konkret: Verweigern Sie die Leistung nicht schon, wenn Ihr Bauherr die erste Abschlagsrechnung nicht zahlt. In diesem Fall bleibt es dabei, dass Sie vorleistungspflichtig sind. Ein Leistungsverweigerungsrecht steht Ihnen hier im Grundsatz nicht zu.


Unser Tipp:

Kommunizieren Sie in Honorarangelegenheiten grundsätzlich schriftlich mit Ihrem Auftraggeber. Nur so können Sie im Falle eines Falles nachweisen, dass und wie sich Ihr Auftraggeber gegen eine Honorarvereinbarung gesträubt hat.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)