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Wann die Bauüberwachung endet

Verfasst von: Dipl.-Ing. Klaus D. Siemon, Osterode/Harz
Veröffentlicht am: 18. Sep. 2014
Kategorie:

# 24.09.2014

Unternehmer nicht bis zur endgültigen Fertigstellung für Sicherheit zuständig. Bauherr trägt nach Abnahme der Einzelgewerke Risiko. Betreiberpersonal sollte frühzeitig einsteigen. Planer kann Bauherren beraten

Schrittweise Übergabe des Bauwerks

Für manchen Bauherrn empfiehlt sich eine Videoüberwachung des im Bau befindlichen Gebäudes, um das Risiko durch Vandalismus und Diebstahl zu mindern. Foto: Gabi Eder / Pixelio
Für manchen Bauherrn empfiehlt sich eine Videoüberwachung des im Bau befindlichen Gebäudes, um das Risiko durch Vandalismus und Diebstahl zu mindern. Foto: Gabi Eder / Pixelio

Auftraggeber verlangen von Planungsbüros nicht selten eine Rundumversorgung, gerade was die Aufsicht und Sicherung des fast fertigen Bauwerks angeht. Dabei schießen sie aber oft übers Ziel hinaus. Für Planer ist es deshalb wichtig, zu wissen, wo Ihre Bauüberwachungspflichten enden und ab wann sich der Bauherr mit seinem Bauwerk befassen muss. Die Grundlage der folgenden Analyse bilden auf Seiten der ausführenden Unternehmer die VOB und auf Seiten der Planungsbüros die Grundleistungen der HOAI.

Oft stellt sich die Frage, wie fertige Leistungen verschiedener Gewerke, die abgenommen sind, vor Beschädigungen geschützt werden. Bis zur Abnahme liegt die Gefahr der Beschädigung bekanntlich beim Unternehmer. Nach der Abnahme der einzelnen Gewerke trägt jedoch sofort der Bauherr die Gefahr für die abgenommenen Leistungen. Die Bauüberwachung hat nicht die Aufgabe, fertiggestellte und abgenommene Gewerke im Sinne des Bauherrn vor Beschädigungen zu schützen. Das Bauwerk geht (bei gewerkeweiser Vergabe von Bauaufträgen) sozusagen schrittweise in den Zuständigkeitsbereich des Bauherrn über.

Mit anderen Worten: Der Bauherr muss die Gewerke, die er abgenommen hat, selbst (also eigenverantwortlich) schützen. Einen punktuellen Übergang des Bauwerks zum Ende aller Ausführungsleistungen in die Hände des Bauherrn kennt das Regelwerk nicht.


Beispielfall

Die Innenwandoberflächen eines Gebäudes sind fertig gestellt und abgenommen. Die Einrichtungen und Möbel werden (vom Planer ausgeschrieben und überwacht) angeliefert. Dabei passieren folgende Dinge:

  1. Verschiedene Innenwände werden beschädigt, ohne dass die Bauüberwachung daneben steht und den Täter "erwischt".
  2. Türen zu einzelnen (bereits mit Ausstattungsgegenständen ausgestatteten) Räumen stehen nach Anlieferung und Anlieferkontrolle durch die Bauüberwachung immer noch offen.
  3. Einige Einrichtungsgegenstände sind am nächsten Tag verschwunden oder finden sich in anderen Geschossen wieder (wer muss sich kümmern?).
  4. Der Malerbetrieb will in verschiedene Räume, um Mängel zu beseitigen (nachdem deren Gewerke abgenommen sind), kommt aber nicht in die bereits abgeschlossenen Räume hinein.
  5. Andere Handwerker besorgen sich vorsorglich selbst Schließzylinder und schließen die Räume, in denen sie ihre Endausbauleistungen erbracht haben, einfach ab und melden die Abnahme an.
Ist die Bauüberwachung verantwortlich? Ist sie zuständig, um Probleme zu lösen?


Auftraggeber für allgemeine Ordnung auf der Baustelle verantwortlich

Die Frage nach der Verantwortung kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, weil die Zuständigkeiten einzelfallbezogen vertraglich zu regeln sind. Sind die Grundleistungen der jeweiligen Leistungsbilder als Vertragsbestandteil vereinbart, ist der Objektüberwacher zumindest für Sicherungsmaßnahmen NICHT zuständig.

Das gilt insbesondere für Sicherungsmaßnahmen bei abgenommenen Bauleistungen, bei Lieferleistungen oder für das Auf- und Zuschließen fertig eingerichteter Räume (bei abgenommenen Arbeiten), wenn der Maler noch Mängel beseitigen will.


Vorsätzliche Verzögerung der Abnahme nicht zulässig

Manche Auftraggeber versuchen, die Abnahme vorsätzlich zu verzögern. Dies ist allerdings kein probates Mittel, um die Verantwortung für die Sicherung fertiger Leistungen auf die Unternehmer abzuwälzen. Meldet der Unternehmer nämlich die Fertigstellung an und fordert die Abnahme, ist das Verweigern im Regelfall zwecklos.

Der Auftraggeber kann schnell in Abnahmeverzug geraten und der Unternehmer führt die Abnahmewirkung durch Fristsetzung herbei. Auf die entsprechenden Regelungen in der VOB und § 640 BGB wird Bezug genommen.


Schlüsselausgabe an Handwerker nicht zu empfehlen

Früher war es üblich, den Schlüssel in solchen Fällen an die letzten Handwerker (Maler, Möbellieferanten, Schließanlagenbauer) zu übergeben. Das ist nicht (mehr) zu empfehlen. Kommt es nämlich zu größeren Beschädigungen oder Vandalismus, kann der gesamte Versicherungsschutz verloren gehen, wenn die in Anspruch genommene Versicherung erfährt, dass die Baustelle sozusagen einen "Tag der offenen Tür" hatte.

Außerdem ist nicht sicher, ob der letzte Handwerker abends tatsächlich die Fenster im Bauwerk schließt, das Licht ausmacht, die Heizung runterregelt und die Eingänge schließt (was im Regelfall auch nicht seine Aufgabe ist).

Der Schließdienst ist generell gesondert zu regeln. Viele Bauherren beauftragen einen professionellen Schließdienst, weil die damit zusammenhängenden Kosten oft niedriger sind als der Ärger, den Beschädigungen und Diebstähle verursachen.


Bewachungsdienst ist keine Ingenieurleistung

Im Ergebnis kommt der Bauherr nicht umhin, den Gebäudebetrieb und die Sicherung im eigenen Interesse selbst zu organisieren oder eine Firma damit zu beauftragen. Bei der Beauftragung eines Bewachungsdienstes muss mindestens geklärt werden,

  • welchen Umfang der Auftrag hat (Überwachungsintensität und Dauer der Überwachung),
  • wer den Bewachungsdienst koordiniert bzw. überwacht und
  • wer die entsprechenden Rechnungen prüft.
Die beschriebene Art der Bewachungs-Koordination ist keine Leistung, die in der HOAI in den Grundleistungen der Leistungsbilder geregelt ist. Auch die Ausschreibung bzw. Angebotseinholung und Abrechnung der Bewachungsleistungen ist keine Grundleistung bei der Objektplanung (Architekten und Ingenieure). Die Beauftragung und Koordination eines Bewachungsdienstes ist allein Aufgabe des Bauherrn. Er ist für die allgemeine Ordnung auf der Baustelle zuständig.

Diese Leistungen kann er jedoch auf einen Planungsbeteiligten hinsichtlich der LV-Erstellung, Angebotseinholung, und -wertung übertragen (bei entsprechender Leistungs- und Honorarvereinbarung). Planungsbüros, die nicht auf die Erbringung solcher Leistungen eingerichtet sind, müssen diese nicht erbringen.


Technischer Gebäudebetrieb ebenfalls Sache des Bauherrn

Auch die Übernahme des Betriebs (Elektro, Heizung, etc.) im Zeitraum nach der Abnahme der TGA-Gewerke und vor Gesamtinbetriebnahme des Objekts ist Angelegenheit des Bauherrn. Hier sind verschiedene organisatorische Lösungen denkbar. So sind zum Beispiel auch Bewachungsfirmen in der Lage, qualifizierte Hausmeisterdienste zu erbringen. Allerdings sollte immer beachtet werden, dass der Betrieb der Technischen Anlagen eine umfangreiche Einarbeitung erfordert.

Der Betrieb der (fertiggestellten) technischen Anlagen (inklusive Stromversorgung, Beleuchtung von Verkehrsflächen, Brandschutzeinrichtungen, Sicherheitseinrichtungen, Klimatisierung) im Zuge des Endausbaus kann auch den Errichtern der Anlagentechnik (mittels Nachtragsvereinbarung) oder den späteren Betreibern (Einweisung) übertragen werden.

Außerdem – und das ist relativ neu – müssen die Brandschutzeinrichtungen (Sprinkleranlage, BMA, etc.) unter bestimmten Umständen im Bauwerk bereits zu einem Zeitpunkt funktionieren, an dem Maler und Möbellieferanten noch tätig sind.


Einzelfallbezogene Regelung durch Bauherrn hat sich bewährt

Die Sicherheitsmaßnahmen gegen Diebstahl, Beschädigungen, unsachgemäße Bedienung von Anlagen, Einhaltung der Anforderungen der Gebäudeversicherung (z.B. ordnungsgemäß abgeschlossenes Gebäude) sollten einzelfallbezogen je nach Objekt geregelt werden. Diese Regelungen hat der Auftraggeber zu treffen. Die Bauüberwachung kann ihn hinsichtlich der terminlichen Fragestellungen beraten (im Sinne von: Wann sollten welche Maßnahmen erfolgen?).

Die Auftraggeber sind zum Teil mit sehr unterschiedlichen Möglichkeiten für entsprechende Aufgabenstellungen ausgestattet. Das führt im Ergebnis dazu, dass entsprechend unterschiedliche Teilleistungen vom Auftraggeber selbst erbracht werden und andere zu beauftragen sind. Verfügen die Auftraggeber noch nicht über das später erforderliche Betreiberpersonal, kann es sich als Fehler erweisen, wenn das Personal erst zur Gesamtfertigstellung des Gebäudes eingestellt wird.



QUELLEN UND VERWEISE:

Planungsbüro professionell (PBP)