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Haben Sie noch die richtige Berufshaftpflichtversicherung?

Verfasst von: Kai Doerk
Veröffentlicht am: 24. Sep. 2012
Kategorie:

# 25.09.2012

Die Berufshaftpflichtversicherung ist die mit Abstand wichtigste Versicherung für Planer am Bau und kostet viel Geld. Doch geben Sie das Geld auch für den richtigen Versicherer und den Ihrer Leistung optimal angepassten Versicherungsschutz aus? Diese Frage stellt sich derzeit mehr denn je. Denn der Markt ist in Bewegung wie selten zuvor: Die Zürich Versicherung wird sich aus dem Geschäft komplett zurückziehen und Verträge ab dem 1. Januar 2013 zur nächsten Fälligkeit kündigen. Wettbewerber wie HDI-Gerling, VHV, Allianz, Gothaer oder R+V sind mit teilweise neuen - durchaus attraktiven - Bedingungen hervorgetreten. Deshalb ist jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Berufshaftpflichtversicherer-Check.

Haftung ist nicht gleich Deckung

Eine individuelle Prüfung des Risikos und das Einholen und Verhandeln verschiedener Versicherungsangebote sind notwendig, Foto: Gerd Altmann / Pixelio
Eine individuelle Prüfung des Risikos und das Einholen und Verhandeln verschiedener Versicherungsangebote sind notwendig, Foto: Gerd Altmann / Pixelio

Als Architekt und Ingenieur sollten Sie ein ureigenes Interesse an der bestmöglichen Versicherungslösung haben, weil im Falle eines Falles (zum Beispiel durch eine lückenhafte bzw. unzureichende Deckung) schlichtweg Ihre berufliche und private Existenz auf dem Spiel steht.

Ausgangspunkt Ihres Versicherer-Checks ist das Wissen um die Tatsache, dass auch jeder Versicherer Gewinne erwirtschaften muss. Deshalb muss er für sich eine Kalkulation aufstellen hinsichtlich Prämie und Schadenaufkommen. Seine wesentlichen Steuerungselemente sind die Höhe der Prämie und die Entscheidung, für bestimmte Schäden den Versicherungsschutz einzuschränken oder ganz auszuschließen.

Dabei agiert jeder Versicherer anders. Die Zürich Versicherung hat zum Beispiel die Prämien vieler Bestandsverträge zum Teil trotz Schadenfreiheit deutlich erhöht, um das Verhältnis von Beitragseinnahmen zu Schäden im Gesamtbestand in den Griff zu bekommen. Im Juli 2012 teilte sie jetzt mit, das Geschäft komplett einzustellen und alle Verträge zu kündigen, beginnend zum 1. Januar 2013. Wer also bei der Zürich versichert ist, sollte einen sofortigen Wechsel des Versicherers in die Wege leiten.

Das Thema Spätschadenrisiko spielt für den Versicherer eine entscheidende Rolle bei der Kalkulation von Rückstellungen. Auch nach vielen Jahren ist es möglich, dass ein Planungsfehler schlimmstenfalls den Einsturz eines Gebäudes verursacht und es zu entsprechend hohen Schadenersatzforderungen kommt. Denken Sie nur an den Einsturz der Eissporthalle Bad Reichenhall im Jahre 2006, die Anfang der 70er-Jahre geplant und gebaut wurde. Nur wenige Versicherer bieten daher eine entsprechende Haftpflichtversicherung an, noch weniger davon mit einem ausreichenden Deckungsumfang.


Jeder Versicherer agiert anders

Wir haben es oben schon erwähnt. Der Markt ist in Bewegung. Es lohnt sich deshalb auf jeden Fall, Angebote von anderen Versicherern einzuholen. Denn nach wie vor gibt es führende und kompetente Versicherer am Markt, die bei schadenfreien Planungsbüros bereit sind, attraktive Angebote zu unterbreiten. Auch schadenvorbelastete Büros werden von vielen Versicherern noch angenommen. Hier entscheidet man individuell nach Prüfung des Vorschadenverlaufs, inwieweit ein Angebot möglich ist.

Das Thema Berufshaftpflicht ist anspruchsvoll. Es ist extrem schwierig, die kleinen, aber für Sie dennoch schwerwiegenden Unterschiede in den Bedingungen zu erkennen. Die Erfahrung zeigt, dass oftmals aufgrund fehlender Zusatzvereinbarungen, die durchaus verhandelbar sind (wie zum Beispiel im Bereich Generalübernehmer/Bauträger) kein Versicherungsschutz besteht und der Architekt/Ingenieur den Schaden selbst tragen muss, sofern er dazu überhaupt noch finanziell in der Lage ist. Einzig und allein, weil eine entsprechende Klausel nicht vereinbart wurde!

Eine andere Gefahr sind hohe Schadenfreiheitsrabatte. Sie können im Schadensfall böse, ja existenzbedrohende Zusatzbelastungen zur Folge haben.

Beispiel: Das Versicherungskonzept der AIA AG umfasst im schlimmsten Fall eine mehr als Verdreifachung der Prämie (von 30 Prozent Beitragssatz auf 100 Prozent), wenn der versicherte Planer Schäden verursacht. Unter gewissen Umständen kann der Versicherer sogar ab dem Verstoßzeitpunkt, der schon Jahre zurückliegen kann, diese höhere Prämie nacherheben. Diese Prämiennachschüsse können existenzbedrohend sein.

Wichtig: Wie so oft im Leben bedeutet deshalb billig ist nicht gleich gut. Das Kleingedruckte in den Versicherungsbedingungen vieler Anbieter offenbart oft gravierende Deckungslücken. Wenn ein Angebot oder Vertrag zu günstig erscheint oder Formulierungen wie Basis-Schutz oder Ähnliches enthält, sollte man hellhörig werden und die Bedingungen intensiv prüfen.


Ausreichende Versicherungssummen vereinbaren

Nicht nur das Thema Eissporthalle Bad Reichenhall zeigt, dass es notwendig ist, ausreichende Versicherungssummen für Personen- und sonstige Schäden zu vereinbaren. Mit den von den Kammern vorgeschriebenen Pflichtversicherungssummen ist es in der Regel nicht getan.

Praxishinweis: Die Höhe der Versicherungssumme dürfen Sie dabei keinesfalls in Relation zum Honorar für eine Planung sehen. Auch der Tragwerksplaner, der eventuell nur ein geringfügiges Honorar bei einem Projekt erhält, kann einen Millionenschaden anrichten und haftet dafür mit seinem Vermögen unabhängig von einem gegebenenfalls unzureichenden Versicherungsschutz.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Nachhaftung. Die Nachhaftung sollte unbedingt zeitlich unbefristet sein. In vielen Altverträgen bzw. minderwertigen Produkten ist das aber auch heute noch nicht der Fall (Stichwort „Spätschadensrisiko“).

Der Markt bewegt sich, wie schon erwähnt. Sei es der HDI-Gerling, der zum 1. Juli 2012 ein nochmals verbessertes Konzept herausgegeben hat; sei es die VHV, die im Jahr 2011 ihr Konzept Archiprotect 2012 mit zahlreichen Verbesserungen auf den Markt gebracht hat. Attraktive Angebote bieten auch die Allianz mit ebenfalls stark verbesserten neuen Bedingungen seit Mitte 2012, die Gothaer mit jahrzehntelanger Erfahrung und einem ebenfalls umfangreichen Konzept sowie die R+V. Welche der genannten Versicherer das beste Preis-Leitungs-Verhältnis bietet, kann in einer individuellen Analyse Ihrer Situation untersucht werden.


Kai Doerk

ist Geschäftsführer der Asekurado Versicherungsmakler GmbH und Spezialmakler für die Versicherung von Architekten und Ingenieuren.



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