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Ingenieurkammern: Neue Wege in die Öffentlichkeit

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 1. Juli 2014
Kategorie:

# 08.07.2014

Interessenvertretungen aus Hessen und Rheinland-Pfalz gehen gezielt auf Medien zu. Große Bandbreite des Ingenieurbaus auf zweitägiger Presseveranstaltung vorgestellt. Verantwortliche betonen Bedeutung der Branche für Zivilisation und Gesellschaft

Ingenieurbauleistungen in den Fokus gerückt

Vom Büro auf die Baustelle: Um mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu erhalten, gehen die Ingenieurkammern aus Hessen - Präsident Udo F. Meißner im Bild - und Rheinland-Pfalz stärker auf die Medien zu. Foto: F. Hesse / bauingenieur24
Vom Büro auf die Baustelle: Um mehr öffentliche Aufmerksamkeit zu erhalten, gehen die Ingenieurkammern aus Hessen - Präsident Udo F. Meißner im Bild - und Rheinland-Pfalz stärker auf die Medien zu. Foto: F. Hesse / bauingenieur24

Was steckt alles im Ingenieurberuf und wo finden sich alltägliche Beispiele aus der Lebenswirklichkeit jedes einzelnen Bürgers? Hinter dieser Frage verbirgt sich die Vielfalt der Arbeit aller Ingenieure, besonders der Bauingenieure.

Die Leistungen ihrer Mitglieder sind für die Ingenieurkammern aus Hessen und Rheinland-Pfalz ein großes Pfund. Um damit auch erfolgreich zu wuchern, sollen sie noch mehr in den öffentlichen Fokus rücken. Beide Kammern luden deshalb jüngst sowohl Tages- als auch Fachpresse zu einer zweitägigen Informationsveranstaltung ein, deren mehrere Ziele exemplarisch die große Bandbreite des Bauingenieurwesens aufzeigen sollten.

Das Interesse der unterschiedlichen Medien nicht nur an markanten Stationen, wie der im Bau befindlichen Schiersteiner Brücke und dem ebenfalls neu entstehenden Frankfurter Maintor-Quartier, war ausgesprochen groß. Das Bestreben der Veranstalter, die Verbindung zwischen beeindruckender Ingenieurleistung auf der einen und ihrer gesellschaftlichen Bedeutung auf der anderen Seite zu verdeutlichen, schien aufzugehen.


Revitalisierung eines Klosters vorgestellt

Das Kloster Engelthal in Ingelheim am Rhein wurde von einer Ruine zu einem Haus des Weines mit Restaurant und Tagungsräumen umgebaut. Foto: F. Hesse / bauingenieur24
Das Kloster Engelthal in Ingelheim am Rhein wurde von einer Ruine zu einem Haus des Weines mit Restaurant und Tagungsräumen umgebaut. Foto: F. Hesse / bauingenieur24

Den Journalisten bot sich zunächst ein sehenswertes Beispiel der Revitalisierung historischer Bausubstanz mit nachgewiesenem Ursprung im 13. Jahrhundert. Das Kloster Engelthal im rheinland-pfälzischen Ingelheim wurde in den letzten Jahren aufwendig und unter strengen Auflagen des Denkmalschutzes restauriert.

Der Eigentümer selbst skizzierte den Werdegang des Gebäudes vom Kloster über die Nutzung als Mühle bis hin zum heutigen Hotel mit integrierter Vinothek. Drei Millionen Euro habe der 2009 begonnene und anderthalb Jahre andauernde Umbau gekostet, die Innenausstattung nicht mitgerechnet.

Fehlende Baupläne, komplexe Statikberechnungen - über 1.400 Seiten - für die Rettung der hölzernen Dachkonstruktion oder das Abtragen von insgesamt fünf Fußbodenschichten zur Gewinnung einer passablen Deckenhöhe kennzeichneten einen Teil der nicht alltäglichen Herausforderungen, mit denen sich die planenden Bauingenieure konfrontiert sahen.


Ingenieurbauwerke leisten Hochwasserschutz

Unscheinbar, aber wirkungsvoll passt sich der von findigen Ingenieuren geplante Hochwasserschutz in Bad Kreuznach dem historischen Stadtbild an. Foto: F. Hesse / bauingenieur24
Unscheinbar, aber wirkungsvoll passt sich der von findigen Ingenieuren geplante Hochwasserschutz in Bad Kreuznach dem historischen Stadtbild an. Foto: F. Hesse / bauingenieur24

Weniger dem leiblichen Wohlergehen als der leiblichen Unversehrtheit dienend, berührt der ebenfalls besichtigte Hochwasserschutz in Bad Kreuznach ein völlig anderes Feld der ingenieurstechnischen Arbeit.

Anspruchsvolle hydraulische und geotechnische Baumaßnahmen und die Berücksichtigung städtebaulicher Belange sowie der Rechte von rund 200 privaten Anrainern waren nur einige Eckpunkte, die der verantwortliche Bauingenieur im Zusammenhang mit der Umsetzung des 24-Millionen-Europrojektes benannte. Nicht zu unterschätzen seien auch die umfassenden Naturschutzvorgaben beim Bau um und innerhalb des Flusses Nahe gewesen, hieß es.

Die aufwendigen Maßnahmen gegen einen bedrohlich niedrigen Grundwasserspiegel im Hessischen Ried sowie der Herausforderungen des historisch einmaligen Neubaus eines gesamten Stadtquartiers auf dem ehemaligen Degussa-Gelände standen ebenfalls als herausragende Bauprojekte im Fokus der Veranstaltung, welche mit entsprechenden Besichtigungen in Biebesheim und Frankfurt abschloss.


Bauingenieure zeigen Leidenschaft für Beruf

Wie spannend die Aufbereitung des Rheinwassers im Hessischen Ried sein kann, zeigte der Ingenieur Walter Klupp vom Wasserwerk in Biebesheim. Foto: F. Hesse / bauingenieur24
Wie spannend die Aufbereitung des Rheinwassers im Hessischen Ried sein kann, zeigte der Ingenieur Walter Klupp vom Wasserwerk in Biebesheim. Foto: F. Hesse / bauingenieur24

Deutlich sichtbar wurde während der zwei Tage die Leidenschaft der jeweils referierenden Bauingenieure für ihren Beruf. Nicht häufig, so schien es, konnten sie bisher ihre Arbeit so ausführlich und gleichzeitig anschaulich darstellen. Die beiden Ingenieurkammern hatten es ihnen nun einmal möglich gemacht.

Deren Präsidenten gaben sich entsprechende Mühe, das Besondere des Ingenieurwesens zu betonen, als sie am Abend des ersten Reisetags vor geladenen Gästen aus Politik und Wirtschaft sprachen. "Es gibt keinen schöneren Beruf", sagte der Chef der Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz, Horst Lenz. Sein Gegenpart aus Hessen verlieh besonders seinem Stolz auf die Ingenieure Ausdruck. Deren "Zielgruppe" seien sämtliche Verbraucher, auf der Erde und sogar im Weltraum, so Udo F. Meißner.

Die Gelegenheit nutzend, richtete Meißner auch seinen Appell an die Politik, sich für einen Abbau des Föderalismus stark zu machen. In ganz Deutschland gäbe es kaum Unterschiede zwischen den Bauweisen, da die äußeren Umstände und Voraussetzungen zwischen Küste und Alpen oft dieselben seien. Allein 16 verschiedene Landesbauordnungen machten das Arbeiten eines Bauingenieurs im Nachbarbundesland oft unmöglich.

Der nicht neuen Kritik an der gesetzlichen Kleinstaaterei schloss sich auch an diesem Abend die ebenfalls bekannte Frage nach der Positionierung der Bauingenieure gegenüber den Architekten an. Ohne nennenswerte Profilierungsversuche der nur bedingt schlagkräftigen Kammern, gipfelte die Diskussion in der wenig konkreten Aussage, man müsse "getrennt marschieren und gemeinsam schlagen".


Umgang mit den Medien soll besser werden

Nicht nur bis zum Bauzaun: Stärker als bisher soll den Medien Einblick in die Arbeit der Ingenieure gewährt werden. Die Ingenieurkammern erhoffen sich dadurch mehr öffentliche Wertschätzung für den Berufsstand . Foto: F. Hesse / bauingenieur24
Nicht nur bis zum Bauzaun: Stärker als bisher soll den Medien Einblick in die Arbeit der Ingenieure gewährt werden. Die Ingenieurkammern erhoffen sich dadurch mehr öffentliche Wertschätzung für den Berufsstand . Foto: F. Hesse / bauingenieur24

Ähnlich metaphorisch verkapselt war kurz darauf in einer knapp gehaltenen Podiumsdiskussion von einem "Orchester" der am Bau Beteiligten die Rede, in welchem ein Architekt die "erste Geige", ein Ingenieur dagegen mitspielen dürfe. Vom charmant wohlwollenden Moderator befragt, gaben die drei beteiligten Professoren ihre Meinungen und Ansichten über Ausbildung, Nachhaltigkeit und Internationalität im Ingenieurwesen an ein sehr zurückhaltendes Publikum weiter.

Passend zum Hintergrund der Veranstaltung, nämlich der Verbesserung der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit, wurden mangelnde Kompetenzen der Ingenieure im Umgang mit den Medien benannt. Sowohl bei politisch motivierten Großprojekten als auch im alltäglichen "Verkauf" der eigenen Berechnungs- und Beratungsleistungen sei diese Schlüsselqualifikation entscheidend für die Behauptung der eigenen Interessen.