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Betonbau: 3D-Druck bietet neue Möglichkeiten

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 12. Jan. 2018
Kategorie:

# 12.01.2018

Additive Fertigung wird weltweit intensiv erforscht. Große Formenvielfalt und Wirtschaftlichkeit durch filigranere Bauteile angestrebt. Holz-Leichtbeton für multifunktionale Anwendung in Probephase

Lange Testphasen für Innovationen am Bau unumgänglich

An der Versuchsanlage für additive Fertigung bzw. 3D-Druck wird durch Extrusion von Holzleichtbeton ein multifunktionales Wandelement hergestellt. Foto: K. Henke / TUM
An der Versuchsanlage für additive Fertigung bzw. 3D-Druck wird durch Extrusion von Holzleichtbeton ein multifunktionales Wandelement hergestellt. Foto: K. Henke / TUM

Bauen 4.0, 3D-Druck, Carbonbeton - Technische und methodische Revolutionen wie diese kommen nicht über Nacht. Vielmehr bedarf es der kontinuierlichen Forschung und Entwicklung, um am Ende wirklich tragfähige Konzepte und Produkte zu erhalten.

Gleichzeitig haben Hersteller traditioneller Baustoffe und Anwender konservativer Bauweisen naturgemäß wenig Interesse am allzu schnellen Wandel innerhalb der Branche. Dauerhaftigkeit und Sicherheit spielen zudem immer eine große Rolle beim Bauen. Innovationen am Bau schaffen daher oft nur nach einer ausreichend langen Testphase den Durchbruch.


Traditioneller Betonbau stößt an Grenzen

Im Bereich des Betonbaus ist es nicht anders. Traditionell entstehen Bauteile aus Beton dadurch, dass sie gegossen werden. Die dafür notwenige Verschalung begrenzt jedoch die Gestaltungsmöglichkeiten und damit auch die Anwendungsmöglichkeiten.

Inspiriert durch den erfolgreichen Einsatz in anderen Industriezweigen, haben Forscher weltweit längst den 3D-Druck bzw. die additive Fertigung von Betonteilen in den Fokus ihrer Arbeit gerückt. Das Ziel dabei: Neue bezahlbare Möglichkeiten der Anwendung von Beton.


Neue Formen durch additive Fertigung möglich

"Die additive Fertigung wäre für das Bauwesen extrem attraktiv. Sie erlaubt eine große Formenvielfalt und eine auch bei kleinen Stückzahlen hohe Wirtschaftlichkeit", erklärt Klaudius Henke vom Lehrstuhl für Holzbau und Baukonstruktion an der Technischen Universität München (TUM).

Die Einrichtung führt ihre Forschung in enger Zusammenarbeit mit dem Centrum Baustoffe und Materialprüfung durch. Die laufenden wie jüngst gestarteten Forschungsprojekte werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und von der Forschungsinitiative Zukunft Bau (BMUB) gefördert.


Bionische Bauteile aus 3D-Drucker äußerst belastbar

Auf Henkes Schreibtisch steht der Prototyp eines mit 3D-Druck gefertigten Bauteiles. Es ist eine 20 Zentimeter hohe, dünnwandige Betonröhre, in deren Innerem sich filigrane Verstrebungen befinden, die das Gebilde stabilisieren. "Das Muster für diesen Entwurf waren Vogelknochen, die sehr dünn und leicht, aber trotzdem stabil sind", so Henke.

Damit bewegen sich die Forscher der TUM im Gebiet der Bionik, also dem Übertragen von Phänomenen der Natur auf die Technik. Das beschriebene bionische Bauteil ist tatsächlich, wie sein natürliches Vorbild, äußerst belastbar. Materialuntersuchungen haben gezeigt, dass die Röhre Kräften von 50 N/mm² standhält.


Selektives Binden erzeugt massive Struktur

Damit ist das gedruckte Material genauso stabil wie herkömmlicher, gegossener Beton. Mit klassischem Betonguss, bei dem die Mischung aus Zement, Zuschlägen und Wasser in einer Schalung aushärten muss, wäre die Röhre mit ihren dünnen Verstrebungen kaum herstellbar.

Das Münchner Forscherteam hat für die Fertigung ein noch neues additives Verfahren eingesetzt, das so genannte selektive Binden. Dünne Sandschichten werden dabei Lage für Lage genau an den Punkten, an denen die massive Struktur entstehen soll, mit einem Gemisch aus Zement und Wasser getränkt. Nach dem Abbinden aller Schichten lässt sich der überschüssige Sand entfernen, übrig bleibt die gewünschte Betonstruktur.


Überdimensionaler 3D-Drucker für Forschungszwecke errichtet

Für das selektive Binden musste zunächst ein eigens konzipierter überdimensionaler 3D-Drucker gebaut werden, der einen ganzen Laborraum im Keller des Lehrstuhls füllt. Derzeit entwickeln die Wissenschaftler mit Partnern aus der Industrie einen weiteren 3D-Drucker, dessen Druckkopf mit mehreren tausend Düsen ausgestattet sein soll.

Damit könnten erstmals Bauteile von etwa zehn Kubikmetern gefertigt werden, worunter unter anderem auch frei geformte, geschosshohe Bauteile fielen, so die Perspektive der Entwickler. Die Probeläufe sollen noch 2018 starten.


Extrusions-Verfahren verarbeitet Fertigbeton

Eine Alternative zum selektiven Binden ist das Extrusions-Verfahren, mit welchem sich bereits fertig gemischter Beton verarbeiten lässt. Auch diese Methode des 3D-Drucks haben die TUM-Forscher untersucht und optimiert.


Holz-Leichtbeton bietet integrierte Wärmedämmung

Für die Verarbeitung eines auf dem geschilderten Prinzip basierenden neuen Holz-Leichtbetons haben die Forscher an der TUM ebenfalls einen 3D-Drucker bzw. eine so genannte Extrusions-Anlage konzipiert und gebaut. Der Beton aus einer Mischung aus Zement, Holz und Wasser wird darin zu etwa zwei Zentimeter dicken Strängen geformt, welche so aufeinander gelegt werden, dass sich die gewünschte Struktur bildet.