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Chip im Fenster meldet Störungen

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 21. Jan. 2015
Kategorie:

# 27.01.2015

Neuartiger Funkchip soll Hausbewohner über Stellung der Fenster informieren. Sensor unterscheidet Unfall von Einbruchversuch. Solarzelle sichert drahtlose Energieversorgung auch im Dunkeln

Offene Fenster mit Risiken und Nebenwirkungen

Der im Fensterrahmen angebrachte Chip reagiert auf Lageveränderungen und versorgt sich selbst mit Energie. Foto: Fraunhofer IMS
Der im Fensterrahmen angebrachte Chip reagiert auf Lageveränderungen und versorgt sich selbst mit Energie. Foto: Fraunhofer IMS

In der kalten Jahreszeit passiert es allzu oft: Man öffnet das Fenster morgens zum Lüften und vergisst, es wieder zu schließen. Der Thermostat meldet Kälte, und die Heizung heizt auf vollen Touren – zum Fenster hinaus.

Doch nicht nur beim Heizen oder bei Stürmen sind offene Fenster ein Problem. Ist ein Fenster angekippt, lädt es Einbrecher geradezu ein. Wünschenswert wäre eine Automatik, die das offene Fenster bemerkt und ein Warnsignal an den Bewohner meldet.

Zwar gibt es heute Haus- und Gebäudetechnik, die den Zustand der Fenster registriert. In der Regel müssen die Sensoren jedoch per Kabel an die Alarmzentrale im eigenen Haus angeschlossen werden. In anderen Fällen kommen batteriebetriebene Funksensoren zum Einsatz. Der Batteriewechsel führt jedoch in Häusern mit vielen Fenstern zu erheblichem Wartungsaufwand.


Sensor unterscheidet zwischen Ball und Stemmeisen

Forscher vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (IMS) in Duisburg entwickelten aus den genannten Gründen eine pragmatische Lösung. Es handelt sich um einen nur etwa Fingernagel großen Funksensorchip, der direkt im Fenster montiert wird. Dieser ist mit einer Solarzelle beschichtet und versorgt sich selbst mit Energie.

Der Chip ist mit zehn Millimetern so schmal, wie eine Isolierglasscheibe dick ist. Er wird direkt zwischen den Glasscheiben auf das Aluminiumprofil, das die Scheiben auf Abstand hält, verbaut. Dank dieses Fensterplatzes erhält die Solarzelle sogar in der dunklen Winterzeit ausreichend Licht. Im Chip sind Magnet- und Beschleunigungssensoren integriert, welche registrieren, wenn das Fenster gekippt oder ganz geöffnet wird. Über Funk kann der Chip dann ein Signal an die Basisstation im Haus senden, falls ein Fenster zu lange geöffnet bleibt.

Die Anwendungen des Funkchips sind vielfältig. Er kann Hausbesitzer daran erinnern, regelmäßig zu lüften oder warnen, falls ein Fenster noch geöffnet ist, wenn sie das Haus verlassen. Darüber hinaus bietet er einen Einbruchsschutz, da die Sensoren sehr genau zwischen verschiedenen Schwingungen unterscheiden können – beispielsweise einem Ball, der gegen die Scheibe geworfen wird oder dem Stemmeisen eines Einbrechers, das den Rahmen zum Knarren bringt. Innerhalb einer Zehntelsekunde erkennt das System die Störung und gibt im Zweifelsfall Alarm.


Niedriger Energieverbrauch sichert Versorgung im Dunkeln

Die IMS-Forscher um den Elektrotechniker Gerd vom Bögel und den Physiker Andreas Goehlich konnten mit der Entwicklung gleich zwei Herausforderungen meistern: Zum einen ist es ihnen gelungen, die Solarzelle direkt auf der mit zahlreichen Leiterbahnen überzogenen und damit unebenen Chip-Oberfläche abzuscheiden. "Wir mussten einen Weg finden, um die Oberflächen vor der Beschichtung mit der Solarzelle wie ein Straßenprofil aufzufüllen und zu ebnen", erläutert vom Bögel.

Zum anderen soll der Chip so Strom sparend sein, dass die Energie aus der winzigen Solarzelle dunkle Stunden überbrückt. Derzeit können die IMS-Sensorprototypen genug Strom für bis zu 30 Stunden Dunkelheit speichern. In den kommenden zwei Jahren soll daraus ein Produkt entstehen, das sogar bis zu zwei Wochen Dunkelheit überbrückt. Indem die Forscher Prozessor und Chip sehr klein halten, ist letzterer extrem sparsam. Zudem wurden Schaltungen konstruiert, die wenig Energie verbrauchen und sehr kurze Funkprotokolle entwickelt.

"Wir haben jedes mögliche Mikro-Ampere herausgeholt", so vom Bögel. Zum Stromsparen trage auch bei, dass der Sensor immer wieder in einen Ruhemodus schaltet. Je nach Vorliebe des Anwenders lässt sich der Sensor so einstellen, dass er alle paar Minuten oder Sekunden aufwacht und eine Messung vornimmt.


Chip mit Solarzelle eröffnet weites Anwendungsfeld

Neben den Vorteilen der Nutzung lassen noch weitere die Forscher auf einen Erfolg der Entwicklung hoffen. So seien die Produktionskosten gering, denn das Aufbringen der Solarschicht schließt sich direkt an den Herstellungsprozess der Chips an. "Es sind nur einige zusätzliche Produktionsschritte nötig, sodass eine Fertigung auch in hohen Stückzahlen möglich ist", meint vom Bögel.

Anstoß zu der Entwicklung des Solar-Funkchips gab das israelische Unternehmen SOLCHIP, das vor rund zwei Jahren beim IMS nach Solarzellen auf Chips anfragte. Der Entwicklergruppe von Andreas Goehlich gelang es schließlich, die Solarzellen auf der Oberfläche der Chips zu integrieren. SOLCHIP will mit diesen Solarzellen den Straßenverkehr und die Klimabedingungen beispielsweise in Weinstöcken überwachen.