Zum Hauptinhalt springen

Lärmschutz: Funktion trifft Ästhetik

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 26. Jan. 2013
Kategorie:

# 25.01.2013

Lärmschutzmaßnahmen werden in Bauplanung immer wichtiger. Ansprüche an akustische Bauteile steigen. Mikroperforierte Schallabsorber sind eine Lösung aus der Forschung

Lärm ist überall

Selbsttragende mikroperforierte Waben sind flexibel einsetzbar und fügen sich gut in das architektonische Gesamtbild ein. Foto: Roman Wack
Selbsttragende mikroperforierte Waben sind flexibel einsetzbar und fügen sich gut in das architektonische Gesamtbild ein. Foto: Roman Wack

Zuviel Lärm macht krank – diese Tatsache ist heute unbestritten. Dennoch ist man im Alltag dauerhafter Beschallung, sei es durch Verkehrslärm oder den Geräuschpegel im Großraumbüro, ausgesetzt. Bauliche Vorrichtungen helfen, die Lärmbelastung zu reduzieren. Lärmschutzwände entlang stark befahrener Straßen und Bahnlinien sind ein bekannter Anblick und auch innerhalb von Gebäuden sorgen spezielle akustische Bauteile - so genannte Schallabsorber - für mehr Ruhe.

Das Problem: Die bislang eingesetzten Bauteile sind zwar in punkto Lärmreduzierung effektiv, ansonsten aber häufig wenig funktional. Architekten, die Schallschutzmaßnahmen in ihre Bauplanung integrieren, beklagen oft die mangelnde Flexibilität der heute verfügbaren Materialien. Limitierende Faktoren sind unter anderem das Gewicht, die Feuerfestigkeit oder die hygienischen Anforderungen, etwa in Großküchen oder Laboren. Hinzu kommt der ästhetische Aspekt: Kaum jemand wird massive Betonmauern entlang von Straßen als schön bezeichnen.


Schallabsorbierung durch Mikroperforierung

Die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) in Stuttgart arbeiten deshalb ständig an neuen Lösungen. "Ein Schwerpunkt unserer Entwicklungen liegt auf mikroperforierten Bauteilen. Diese Technologie eignet sich für alle möglichen Materialien und ermöglicht multifunktionale und optisch ansprechende Schallabsorber, die sehr flexibel einsetzbar sind", erläutert Prof. Dr. Philip Leistner, stellvertretender Institutsleiter und Leiter der Abteilung Akustik am IBP.

Dazu werden Membranen oder Platten mit vielen winzigen Löchern oder Schlitzen versehen. Trifft der Schall in Form von schwingenden Luftteilchen auf die Fläche, entsteht an den Rändern der Mikroöffnungen Reibung. Durch den Energieverlust wird der Schall absorbiert. Einzige Bedingung: Hinter den Öffnungen muss sich noch eine Luftkammer befinden, so dass die Teilchen weiterhin schwingen können, ansonsten würde der Schall lediglich reflektiert. Abhängig vom Material werden die Öffnungen gebohrt, gestanzt oder genadelt. "Das ist vor allem eine Frage der Wirtschaftlichkeit", meint Leistner. "Nicht jedes Verfahren ist für alle Materialien gleich gut geeignet, um einen kosteneffizienten Herstellungsprozess zu ermöglichen."


Ästhetischer Lärmschutz

Eine ganze Generation von mikroperforierten Akustik-Bauteilen haben die Stuttgarter in Zusammenarbeit mit Industriepartnern schon bis zum marktreifen Produkt entwickelt. Dank der Technologie werden erstmalig auch transparente und lichtdurchlässige Schallabsorber möglich. An Fassaden oder als Lärmschutzwände entlang von Straßen angebracht entfalten sie ihre Wirkung ohne das Landschaftsbild zu beeinträchtigen. Innerhalb von Gebäuden lassen sie sich leicht in das architektonische Gesamtbild integrieren.


Elastische Oberflächen für hygienesensible Bereiche

Weiteren Zuwachs bekommt die "Familie" der innovativen Schallabsorber nun durch neue Entwicklungen der IBP-Forscher. Sie arbeiten etwa an elastischen Oberflächen aus nebeneinander angeordneten Halmen, wobei mikrokleine Lücken bleiben. "Man kann sich das in etwa wie bei einer Bürste vorstellen, deren Borsten an den Enden durch kleine Aufsätze verstärkt sind – nur eben viel dichter", so Leistner. Bei einer nachgiebigen Fläche lassen sich auch die Mikroöffnungen sehr leicht reinigen, so dass sie besonders für hygienesensible Bereiche gut geeignet ist.


Extrusion - Sparsamkeit auf großen Flächen

Bei großflächigen Anwendungen erweist sich die Technologie der Extrusion nach Angaben der Fraunhofer-Gesellschaft als besonders wirtschaftlich. Dabei entsteht ein zweidimensionales Flächenprofil mit Mikroschlitzen, Luftkammern und Grundplatte, indem Materialien wie Kunststoff oder Aluminium durch eine formgebende Öffnung gepresst werden. Wie bei Fenster- und Fassadenprofilen auch, entstehen so fertige Absorberbauteile aus einem Stück vom Band. Aufwändige Befestigungsmethoden, die oft teurer sind als das Material selbst, sollen dann der Vergangenheit angehören.