Tunnelbrand: Fasern beugen Schäden vor
# 17.03.2015
Hitze durch Feuer lässt einfachen Beton abplatzen. Faserbeimischung kann Schäden an Wänden verringern. Materialreaktionen während Brand mittels Schallsensoren zeitlich messbar
Extreme Hitze gefährdet Tragfähigkeit
Wenn in einem Tunnel Feuer ausbricht, hat die entstehende Hitze kaum eine Möglichkeit zu entweichen. Innerhalb kürzester Zeit steigt die Temperatur auf über 1000 Grad Celsius. Bestehen die Wände des Tunnels aus Beton, entsteht in ihrem Inneren Wasserdampf und damit Druck. Letzterer entweicht zunächst in Hohlräume des Materials.
Wird der Druck jedoch zu groß, platzen kleine Stücke des Betons wie Popcorn ab. Dies führt dazu, dass die Dicke des Betons und damit seine Tragfähigkeit abnehmen. Der Tunnel könnte einstürzen und so spätere Sanierungsarbeiten gefährden.
Seit 2012 ist für neu zu bauende Straßentunnel ein Nachweis des Brandschutzes vorgeschrieben. Eine Möglichkeit, den Brandschutz zu gewährleisten, ist die Zumischung von Polypropylen (PP)-Fasern in den Beton.
"Wenn die Temperatur über 110 Grad Celsius erreicht, werden diese Fasern im Beton aufgeschmolzen", erklärt Christian Große, Professor am Lehrstuhl für Zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) der Technischen Universität München (TUM).
Spezialfasern im Beton sorgen für Hohlräume zum Druckausgleich
Es bilden sich so neue Hohlräume im Beton, in die der Druck, statt nach außen, entweichen kann. Wie genau die Kunstfasern das Verhalten des Betons bei einem Feuer beeinflussen, war bisher unklar.
Die Wissenschaftler der TUM haben nun in Zusammenarbeit mit dem Institut für Werkstoffe im Bauwesen der Universität Stuttgart und der MFPA Leipzig GmbH eine Methode entwickelt, welche es erlaubt, ins Innere des Betons zu schauen.
Schallsensoren messen Schadensverlauf bei Tunnelbrand
Die Forscher legten dabei Betonplatten wie einen Deckel auf einen nach oben offenen Prüfofen. Auf der Oberseite der Platten installierten sie Schallemissions-Sensoren. Der Beton wurde von unten befeuert und auf bis zu 1300 Grad erhitzt.
"Bei der Schädigung im Beton entsteht ein Knack-Geräusch", erklärt Ronald Richter, Doktorand am ZfP. Die akustische Welle wird im Material übertragen und kann außen gemessen werden. Da mehrere Sensoren auf dem Beton angebracht sind, ist es möglich, den genauen Ursprung der Geräuschquelle zu bestimmen, ganz ähnlich wie bei der Beobachtung von Erdbeben durch Seismometer.
Zum ersten Mal konnten so die Ingenieure den zeitlichen Verlauf der Schädigung während eines simulierten Tunnelbrandes messtechnisch verfolgen. Bei den Betonplatten ohne PP-Fasern konnten über zehn Mal so viele Schallemissions-Ereignisse gemessen werden als bei den Platten, die PP-Fasern enthielten.
Methode soll unterschiedliche Betonmischungen vergleichbar machen
Die Wissenschaftler wollen ihre Messmethode weiter verfeinern und validieren. Das Verfahren könnte dabei helfen, verschiedene Betonmischungen in Bezug auf ihr Verhalten im Brandfall miteinander zu vergleichen und so zu optimieren.
Die Forschungsarbeiten erfolgten im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts "Explosive Abplatzungen von Beton unter Brandeinwirkung", sowie in einem Projekt der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V., gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie in Zusammenarbeit mit der MFPA Leipzig GmbH.