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Schottenbergtunnel im Zuge der neuen Ortsumgehung Meißen

Verfasst von: Dr. Klaus Fockenberg, Christian Wieg
Veröffentlicht am: 23. Okt. 2005
Kategorie:

# 24.10.2005

Die historische Stadt Meißen - weltberühmt für ihre Porzellanmanufaktur - vereinigt mehrere wichtige regionale und überregionale Straßenverbindungen nördlich der sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Die Bundesstraße 101 verbindet als Autobahnzubringer zur A 13 (Berlin), A 14 (Leipzig) und A 4 (Chemnitz) die Städte Großenhain und Meißen. Die Bundesstraße 6 führt von Dresden kommend linkselbisch nach Leipzig.

Bauwerk

Der Schottenbergtunnel besteht aus der Hauptröhre mit drei Fahrspuren und dem parallel verlaufenden Rettungsstollen, Hauptstollen und Rettungsstollen sind durch 4 Querschläge verbunden, Abb.: Müller + Hereth / Züblin
Der Schottenbergtunnel besteht aus der Hauptröhre mit drei Fahrspuren und dem parallel verlaufenden Rettungsstollen, Hauptstollen und Rettungsstollen sind durch 4 Querschläge verbunden, Abb.: Müller + Hereth / Züblin

Der Schottenbergtunnel besteht aus der 718,8 m langen Hauptröhre mit drei Fahrspuren (Lichtraumprofil: 13,5 m x 4,5 m) und dem im Abstand von 25 m parallel verlaufenden 770 m langen Rettungsstollen (Lichtraumprofil 2,8 m x 3,1 m). Die Gradiente fällt in Richtung Elbe mit einer Neigung von 5% ab. Etwa alle 150 m sind die beiden Röhren über begehbare Querschläge, die im Havariefall als Fluchtwege dienen, miteinander verbunden. Auf einer Länge von 685 m wird der Haupttunnel bergmännisch in Spritzbetonbauweise aufgefahren. Daran schließen sich die an beiden Portalen offenen Bereiche mit zusammen 33,8 m Länge an. Die für einen sicheren Betrieb erforderlichen Nebengebäude entstehen an der Ostseite (Ostportal) unterhalb der Leipziger Straße gegenüber der Elbbrücke.

Angenommene Geologie und Hydrologie
Zur Erkundung der geologischen und hydrogeologischen Verhältnisse wurden im Vorfeld der Baumaßnahme insgesamt 20 Bohrungen entlang der geplanten Tunneltrasse abgeteuft. Bei einer Überdeckung von 24 m bis 36 m wird nahezu die gesamte Bandbreite der möglichen Gebirgstypen durchfahren. Beginnend am Ostportal mit Graniten und Rhyolithen des Meißner Granitmassivs, steigt der Trassenverlauf mit 5 % Längsneigung, über zunehmende Verwitterungsklassen mit Lockergesteinscharakter bis in limnisch-fluviatile Kiesablagerungen im Bereich des Westportals an.

Vortrieb von Rettungs- und Hauptstollen Die Arbeiten am Tunnel begannen mit dem bergmännischen Vortrieb des rund 4,48 m breiten und 5,14 m hohen Rettungsstollens. Im Schutze eines Rohrschirms wurde der Berg am Ostportal auf Höhe der Leipziger Straße geöffnet. Der zunächst etwa 38 m² große Ausbruchquerschnitt einer Lüfterstation geht nach 21 m in das Regelprofil mit, je nach Gebirgsfestigkeit, 18 m² bis 21 m² Ausbruchsfläche über. Zwei weitere Abschnitte, im Kreuzungsbereich mit jedem zweiten Querschlag weiten sich dann wieder auf 38 m² auf. Am Westportal endet der Rettungsstollen in einem neben der Trasse der Bundesstraße liegenden Rettungsplatz.

Der Vortrieb des etwa 16,74 m breiten und 11,16 m hohen Haupttunnels begann ebenfalls am Ostportal mit der Unterfahrung der Leipziger Straße, die in offener Bauweise als Rechteckquerschnitt ausgeführt wird. Auch beim Haupttunnel war das Anfahren in die Flanke des Schottenbergs nur im Schutze eines Rohrschirms möglich. Dazu wurden rund 2,50 m lange, 25 cm breite und 6 mm bis 8 mm starke Bleche in das spätere Gewölbe getrieben.


Bewehrung

Der Schalwagen im Hauptstollen startete am Ostportal und fährt Richtung Westportal, im Hauptstollen werden bei einer Blocklänge von 10 m und einer Schalenstärke bis zu 90 cm mehr als 200 m³ Beton je Abschnitt verarbeitet, Foto: Züblin
Der Schalwagen im Hauptstollen startete am Ostportal und fährt Richtung Westportal, im Hauptstollen werden bei einer Blocklänge von 10 m und einer Schalenstärke bis zu 90 cm mehr als 200 m³ Beton je Abschnitt verarbeitet, Foto: Züblin

Im Haupttunnel sind alle konstruktiven Bauteile bewehrt. Die Bewehrung der Gewölbe erfolgt über freitragende Bögen. Je Block werden zwischen 12 t und 22 t Bewehrungsstahl benötigt, die im Tagestakt verlegt werden.

Betoninnenschale
Zur Aufnahme des Gebirgsdruckes, der Lüftungs- und Verkehrsleiteinrichtungen sowie zur Auskleidung der Tunnelinnenflächen werden beide Röhren mit einer Innenschale aus Ortbeton ausgekleidet. Die Herstellung erfolgt blockweise mittels eines hydraulisch beweglichen Schalwagens. Der Beton wird über Pumpleitungen und einen Betonierverteiler in die Schalung gefüllt und mit pneumatisch betriebenen Außenvibratoren verdichtet. Im Rettungsstollen sind diese Blöcke 6,5 m bis 7,0 m lang.

Im Haupttunnel werden bei einer Blocklänge von 10 m und einer Schalenstärke bis zu 90 cm mehr als 200 m³ Beton je Abschnitt verarbeitet. Trotz der enormen Bauteilgrößen entstehen die Blöcke im Tagestakt. Um eine möglichst günstige Festigkeitsentwicklung bei gleichzeitig niedrigen Abbindetemperaturen zu erzielen, werden ausschließlich Betone nach Sonderrezepturen mit einer Zulassung im Einzelfall verwendet. Die Fahrbahn im Tunnel wird bituminös befestigt und entspricht dem Regelquerschnitt RQ 10,5 T.


Betriebseinrichtungen

Im Bereich des Ostportals entstehen alle weiteren Bauwerke, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Tunnels erforderlich sind, Abb.: Müller + Hereth
Im Bereich des Ostportals entstehen alle weiteren Bauwerke, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Tunnels erforderlich sind, Abb.: Müller + Hereth

Zur Unterbringung sämtlicher für das Betreiben des Tunnels notwendiger Anlagen wird eine Betriebszentrale am Ostportal errichtet. Der gesamte Tunnelbetrieb wird von hier aus automatisch überwacht und über ein digitales Leittechniksystem ferngesteuert. Die Tunnelbeleuchtung ist mit einer achtstufigen Adaptionsbeleuchtung an den Hell-Dunkel-Übergang beim Einfahren angepasst. Die Belüftung erfolgt über 12 Strahlventilatoren, die an der Tunnelfirste aufgehängt sind und entsprechend der natürlichen Windrichtung im Tunnel umkehrbar sind.

Im Bereich des Ostportals entstehen auch alle weiteren Bauwerke, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Tunnels erforderlich sind: Löschwasserbecken, Sickerrigole, Schadstoffrückhaltebecken und ein Regenrückhaltebecken sind zur Aufrechterhaltung der Sicherheit im Tunnel und zum Schutz der Elbe bei einem Havariefall besonders zu erwähnen.

Bauzeit / Fertigestellung / Inbetriebnahme
Offizieller Baubeginn der Tunnelmaßnahme war der 15. April 2004. Am 15. Juni 2004 erfolgte der Anschlag des Rettungsstollens und am 13. Juli 2004 schließlich im Rahmen einer großen Feierlichkeit der Anschlag des Haupttunnels. Fast genau ein Jahr später, am 7. Juli 2005, konnte am Westportal im Schutze eines kurzen Gegenvortriebs der Durchschlag erfolgen. Bis Januar 2006 folgen der weitere Einbau der Innenschale und der Straßenbau. Die erweiterten Rohbauarbeiten können bis Ende Mai 2006 abgeschlossen werden. Die Freigabe des Tunnels für den öffentlichen Verkehr ist durch das Straßenbauamt Meißen, nach Einbau der technischen Ausrüstung, in der zweiten Jahreshälfte 2006 vorgesehen.