Grundwasser steigt weiter und kann Keller aufschwimmen lassen
# 19.08.2002
Druck auf Gebäude und Fundamente können Gebäude beschädigen. Gutachter muss über individuelle Situation entscheiden. Flutung von Kellern als wirksame Gegenmaßnahme
- Hoher Grundwasserspiegel gefährlich für unterkellerte Häuser
- Gutachten vor Abpumpen des Wassers ratsam
- Gefährdete Gebäude notfalls fluten
- Alte Gebäude stabiler als neue
Hoher Grundwasserspiegel gefährlich für unterkellerte Häuser

Der aktuell hohe Grundwasserspiegel im Hochwassergebiet kann unterkellerte Häuser wie Korken aufschwimmen lassen. "Wir nennen das den Badewanneneffekt", erläutert der Sachverständige für Gebäudeschäden Hans-Hinrich Pein aus Dresden.
Trotz des sinkenden Hochwassers in Sachsen steigt beiderseits der Elbe das Grundwasser in einem etwa 300 Meter großen Bereich weiter an.
Derzeit liegt der Pegel bei zwei Metern unter der Erde. Normal seien fünf Meter, sagte der Dresdener Baugrund-Ingenieur Klaus-Dieter Beyer. Nach Expertenansicht wird es noch Wochen dauern, bis der Grundwasserspiegel sinkt.
Gutachten vor Abpumpen des Wassers ratsam
Die Stadt Dresden riet Hauseigentümern dringend, vor dem Abpumpen des Wassers aus den Kellern den Rat eines Gutachters einzuholen. In Prag seien bereits drei Häuser wegen dieses Effekts eingestürzt. "Ein Haus, das normalerweise keinen Druck von unten hat, kann durch den hohen Grundwasserstand angehoben werden, wenn der Keller wasserfrei ist", erläutert Pein.
Wenn sich das Haus bei ablaufendem Wasser wieder setze, könnten unter Umständen gefährliche Risse entstehen. Diese könnten erste Anzeichen für ernsthafte Schäden sein, erklärt Bernd Zastrau, Professor für Baumechanik an der Technischen Universität Dresden.
Gefährdete Gebäude notfalls fluten
Damit die Gebäude nicht auftrieben, müssten sie geflutet werden. Dadurch werde ein Gleichstand zwischen Grundwasser und dem Wasser im Inneren erreicht. Treibe ein Haus auf, senke sich bei fallendem Grundwasserspiegel auch das Fundament, sagt Zastrau. Die Fundamente seien dann nicht mehr so eben. Damit sei die Stabilität gefährdet. "Jedes Gebäude muss für sich begutachtet werden", sagt Pein. Eine pauschale Aussage über die Schäden sei nicht möglich.
Die Architektenkammer Sachsen bietet hochwassergeschädigten Hausbesitzern seit Montag eine kostenlose Erstberatung an, die klären soll, welche Gutachten beim jeweiligen Gebäude nötig sind.
Alte Gebäude stabiler als neue
Viele der meist schwereren Altbauten könnten dem Badewanneneffekt besser Stand halten als beispielsweise die leichten neu gebauten Einfamilienhäuser. "Alte Gebäude mit 80 oder mehr Zentimeter dicken Wänden können dem Druck mehr Gewicht entgegensetzen als leichte Neubauten", erläutert Pein.
Der Grundwasserdruck könne aber die gemauerten Kellerwände der Altbauten leichter eindrücken als den Stahlbeton von Neubauten. Allerdings seien Altbauten oft stabiler ausgelegt. "Dass etwa bei Gebäuden wie der Semperoper nichts passiert ist, liegt auch daran, dass die damaligen Baumeister die Sicherheitsmargen nicht so ausgereizt haben wie man das heute macht."

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