Hybride Tragwerke - Teil 2/2
# 21.10.2002
Hybride Tragwerke entstehen durch die Kopplung von Spannbeton- und Stahlverbundkonstruktionen. Der zweite Teil des Beitrags zeigt nun einige Anwendungsbeispiele auf: Donaubrücke Vilshofen - Bogenbrücke Rheinau Hafen, Mannheim - Nibelungenbrücke Regensburg
Donaubrücke Vilshofen
Ein weiteres Beispiel für die Koppelung von Spannbeton- und Stahlverbundtragwerk stellt der Neubau der Donaubrücke bei Vilshofen dar (Abb. 8 und 9). Nachdem die Schiffahrtsöffnung der Donau im Zuge des Wasserstraßenausbaus von gegenwärtig 49 m auf 90 m aufgeweitet werden muß, wurde eine überwiegende Teilerneuerung der bestehenden bestehenden 8-feldrigen Straßenbrücke mit Abbruch von zwei Strompfeilern und
dadurch verminderter Felderzahl ausgeschrieben. Die alte Deckbrücke - eine orthotrope Stahlkonstruktion aus dem Jahr 1978 - wurde zunächst auf provisorische Hilfsunterbauten in Seitenlage verschoben und dient zur Aufrechterhaltung des flußüberbrückenden Straßenverkehrs während der Bauzeit. Die neu konzipierte Brückenkonstruktion sah für die große Schiffahrtsöffnung ein Stahlbogentragwerk mit 116 m Spannweite vor, an das nach Ausschreibungsentwurf
im Süden ein neuer Brückenabschnitt als Stahlverbundüberbau mit 2 kurzen Stützweiten von je 25,80 m biegesteif angeschlossen war.
Nördlich des Stahlbogens hingegen sollte sich trotz geringerer Brückenbreite ein teilweise umzubauendes abgetrenntes Reststück der alten Brücke als Dreifeldtragwerk mit Übergangsfuge anschließen, das wieder nahezu in seine Ausgangslage zurückverschoben werden sollte. Auch hier wurde ein Sondervorschlag mit hybrider Konstruktion beauftragt, der von der Bilfinger+Berger Bauaktiengesellschaft eingebracht wurde und deutlich kostengünstiger war.
Ausgehend von der neuen Mittelöffnung mit einem doppelten, um 15° geneigten Stahlbogen und einer abgehängten Stahlverbundfahrbahnplatte wurden sowohl die nördlich als auch südlich angrenzenden Brückenabschnitte als Spannbetontragwerke biegesteif mit der Fahrbahnplatte des Bogens verbunden. Obwohl mit dieser Konstruktion auf die weitere Verwendung
von rund 800 m² Brückenfläche des Altbestands bei eingeschränkter Brückenbreite verzichtet wurde und statt dessen über 1100 m² neu errichtete Brückenfläche zur Verfügung gestellt wurden, erwies sich die Ausführung der Tragwerksteile außerhalb des Bogenabschnitts mit Spannbetonfertigteilträgern als sehr wirtschaftliche Lösung. Vorteile der hybriden Bauart infolge Kopplung der Spannbetonträger mit dem Bogentragwerk sind im Ausführungsbeispiel:
- Minimierung der Baukosten
- Einheitliche Geometrie in der Fahrbahnebene über die gesamte Brückenlänge
- keine Einschnürung der Fahrbahnbreite von 3 auf 2 Fahrspuren durch Zwangsvorgaben des Bestandsbauwerkes
- Wegfall einer Fugenübergangskonstruktion am Bogenende
- Verkürzung der Sperrzeit des Flußübergangs bei der Rückverlegung des Verkehrs durch das Entfallen des Rückverschubs eines Teils der Bestandsbrücke.
Nibelungenbrücke Regensburg (Angebotsprojekt)
Für die beiden Nibelungenbrücken in Regensburg, die im Zuge der B8 zwei Donauarme überspannen, wird aufgrund des vorhandenen Verkehrsaufkommens und der reduzierten Tragfähigkeit der bestehenden Bauwerke der Abriß und Neubau erforderlich. Das ausgeschriebene Konzept für den Neubau (Baubeginn 2001), das eine Verbundbrücke mit Kastenquerschnitt und außenliegenden schrägen Stahldruckstreben zur Stützung der auskragenden Fahrbahnplatte vorsieht, basiert auf dem ausgewählten Entwurf eines Realisierungswettbewerbes. Im Zuge der Angebotsbearbeitung wurde durch das Technische Büro München der Bilfinger+Berger Bauaktiengesellschaft ein Sondervorschlag konzipiert, der - unter Beibehaltung
der geometrischen und ästhetischen Grundkonzeption - allein durch die veränderte Anordnung und die Kopplung der Materialien Stahl und Beton eine wirtschaftlich optimierte Lösung ergab. Das Konzept sieht einen vollständig hybriden Überbau vor, der sich neben der
biegesteifen Verbindung von Spannbeton- und Verbundbauwerk auch durch den örtlichen Einsatz von Leichtbeton und hochfestem Normalbeton sowie durch eine Kombination von externer und interner Vorspannung auszeichnet. Insgesamt führte der Entwurf - allein für die Brückenbauwerke - zu einer Kostensenkung von etwa 11% (einschließlich optimierter Unterbauten) verglichen mit dem parallel angebotenen Amtsvorschlag. Trotz der wirtschaftlichen Optimierung führte der beschriebene Sondervorschlag jedoch nicht zum Auftrag, da aufgrund der angespannten Marktsituation der Verwaltungsentwurf von Mitbewerbern noch günstiger angeboten wurde.
Ein besonderes Merkmal der vier jeweils dreifeldrigen Teilbauwerke der neuen Nibelungenbrücke ist das stark unterschiedliche Stützweitenverhältnis zwischen den Fluß- und den Randfeldern. Insbesondere beim südlichen Donauarm erreicht dieses Verhältnis bei Einzelstützweiten von 39,45 m - 90,00 m - 39,45 m einen Faktor von etwa 2,3 (Abb. 14). Aufgrund dieser geometrischen Randbedingungen kann sich eine Leichterung der Mittelfelder bei gleichzeitiger Ballastierung der Randfelder nur vorteilhaft auswirken, sowohl im Hinblick auf statische als auch auf wirtschaftliche Gesichtspunkte. So sieht das vorgestellte Konzept für die kurzen Vorlandfelder einen entsprechend der Richtlinie [7] in Mischbauweise errichteten Kastenquerschnitt aus Normalbeton B45 vor, während in den Flußfeldern die Verbundbauweise des Verwaltungsentwurfes beibehalten wurde. Damit wird neben einer günstigeren Schnittgrößenverteilung auch erreicht, daß über etwa 50 % der gesamten Brückenlänge auf teueren Baustahl St52 für den Hohlkasten verzichtet werden kann. Durch die nun deutlich
schwereren Randfelder ergibt sich auch eine Entlastung der Hauptfelder und es stellen sich günstigere Auflagerverhältnisse an den Widerlagern ein, so daß dort abhebende Lagerkräfte vermieden werden. Auch im Hinblick auf optische Gesichtspunkte wirkt das hybride Konzept ansprechend, da für den Betrachter die Verwendung von leichterem Stahl im großen Flußfeld
und der Einsatz von Beton in den Randfeldern nur logisch erscheint und die Kopplung der Kästen der beiden Tragwerkstypen ohne äußerlich sichtbare Verbindungsmittel möglich ist.
5. Schlußbemerkung
Im vorliegenden Beitrag wurde gezeigt, wie aus der Verbindung von Stahl- und Spannbeton- sowie Stahl- bzw. Stahlverbundbauteilen im Brückenbau hybride Tragwerke entstehen. Diese Tragwerke zeichnen sich durch ein robustes Tragverhalten, geringe Wartungserfordernisse und eine hohe Wirtschaftlichkeit aus. Die Anwendung derartiger Tragwerke wird daher in
Zukunft weiter zunehmen.
Zu den Autoren:
AJG Ingenieure GmbH - Abelein Jankowski Gebbeken - München
Bilfinger+Berger Bauaktiengesellschaft,
Technisches Büro Ingenieurbau, München
Bilfinger+Berger Bauaktiengesellschaft,
Ingenieurbau, TID München
Literaturhinweise
- [1] BMV: Typenentwurf "Stahlverbundbrücken über zweibahnige Bundesfernstraßen mit Mittelstreifen", Ausgabe 1998
- [2] Wange, G., Eilzer, W.: Neue Elbebrücke in Pirna, in: Tagungsband Straßenbrückenbau in Deutschland, S. 19-24, Leipzig, 2000
- [3] König, G., Dehn, F., Fischer, O., Krill, A.: Hochfester konstruktiver Leichtbeton - Bemessung und Konstruktion vorgespannter Bauteile, Beton- und Stahlbetonbau 95 (2000), H. 7, S. 392-414
- [4] Freistaat Bayern, Straßenbauamt Passau: Neubau der Donaubrücke Vilshofen, 2000
- [5] Bernhardt, K., Brameshuber, W., König., G., Krill, A., Zink, M.: Vorgespannter Hochleistungsbeton: Erstanwendung in Deutschland beim Pilotprojekt Sasbach, Beton- und Stahlbetonbau 94 (1999), H. 5, S. 216-223
- [6] König, G., Schmidt, D., Wagner, P., Zink, M.: Hochleistungsbeton für den Brückenbau, Beton- und Stahlbetonbau 93 (1998), H. 5, S. 3-10
- [7] BMV: Richtlinie für Kastenbrücken mit externer Vorspannung, 1999
QUELLEN UND VERWEISE:
Hybride Tragwerke - Teil 1/2AJG Ingenieure GmbH, München