Talbrücke über die Wilde Gera
# 02.04.2002
Stahlbetonbogenbrücke mit einteiligem Stahlverbundüberbau / Die Brücke liegt auf der im Bau befindlichen Bundesautobahn A 71 von Erfurt nach Schweinfurt
Projektierung
Im Zuge des Neubaus der BAB A 71 Erfurt-Schweinfurt ist im Bereich der Kammquerung des Thüringer Waldes das tiefe Tal der Wilden Gera zu überbrücken (Abb.1). Die gewählte Trassenführung ergibt dabei Höhen von ca. 110 m über dem Talgrund. Weitere Zwangspunkte bei der Bauwerksgestaltung stellten die im Tal verlaufende Landesstraße L 2149 sowie die Bahnstrecke Zella-Mehlis-Gräfenroda dar.
Der Entwurf
Im Bauwerksentwurf (Abb.2) war zunächst eine im Talfeld parallelgurtige Balkenbrücke mit linear veränderlichen Steghöhen zu den Randfeldern hin vorgesehen. Die Konstruktionshöhe des Überbaus nahm dabei von 5,00 m im Talfeld auf 4,00 m bzw. 3,79 m zu den Widerlagern hin ab. Die Stützweiten sollten 90 m - 108 m - 114 m - 102 m - 78 m - 60 m betragen. Daraus ergab sich eine Brückengesamtlänge von 552 m. (R = 5200 m; konst. Gefälle = 2,564 %)
Der Sondervorschlag
Aus mehreren Varianten wurde, sowohl aufgrund der besonderen ästhetischen Gestaltung, als auch aus wirtschaftlichen Gründen der Sondervorschlag Bogenbrücke (Abb.3) ausgewählt. Dadurch mußten im Bereich der vorhandenen Deponie im Talgrund keine Gründungsmaßnahmen erfolgen. Die ursprünglich geplante Deponieverlagerung war somit nicht mehr erforderlich.
Besondere Sicherungsmaßnahmen im Bereich des vorhandenen Bahndammes und der Landesstraße L 2149 konnten ebenfalls entfallen.
Folgende geometrischen Randbedingungen des Amtsentwurfs wurden im Zuge des Sondervorschlags modifiziert:
- Der Grundrißradius der Gradiente wurde im Bereich des Brückenbauwerks auf R=7800 m verändert, und das gesamte Bauwerk wurde um 3,00 m in westlicher Richtung verschoben.
- Die Stützweiten der Bogenbrücke betragen nun bei unveränderter Bauwerksgesamtlänge 30 m - 36 m - 10 x 42 m - 36 m - 30 m.
"Fledermausfreundliche" Gestaltung
Da sich das Brückenbauwerk als Zwischenquartier für die Besiedelung mit Fledermäusen eignet, werden bereits bei der Bauausführung einige Detailpunkte diesbezüglich angepaßt. So erhalten alle Pfeiler an den Türöffnungen am oberen Abschluß einen Einflugschlitz von ca. 10 cm Höhe und Kunststoffrohre zur Entwässerung und Belüftung des Bogens werden durch rauhe unglasierte Tonrohre ersetzt. Auf sonst übliche Vogeleinflugschutzvorrichtungen wird gänzlich verzichtet. Im Zutrittsbereich werden die Widerlager und Hohlpfeiler mit Stein- oder Kiesschüttungen ausgestattet, um eine bessere Ultraschallübertragung zu gewährleisten.
Der Unterbau
Die Widerlager und Pfeiler (Achsen 0-3; 9-14) wurden flach auf Fels gegründet und zum Teil in Brückenquerrichtung dem Felsverlauf entsprechend abgetreppt. Die Kämpferfundamente in den Achsen 3 + 9 sind bis zu 6.00 m dick und haben Grundrißabmessungen von 17.00 m x 14,50 m. Unterhalb dieser statisch angesetzten Fundamentabmessungen wurde zusätzlich Unterbeton ausgeführt.
Die zulässige Sohlpressung so beträgt für den anstehenden Fels (Quarzporphyr) 800 kN/m bei einer max. Kantenpressung von 1000 kN/m (zugehörige max. Eckpressung 1250 kN/m).
Als Bogenquerschnitt wurde ein 10,30 m breiter, zweizelliger Hohlkasten mit Wandstärken zwischen 30 und 40 cm gewählt. Die Bauhöhe h = 5,50 m verringert sich dabei vom Kämpferanschnitt zum Bogenscheitel hin auf h = 3,30 m (Abb.3).
Der Bogen
Der geometrische Verlauf der Bogenform ergab sich aus der statischen Optimierung für den Endzustand. Die polygonzugförmige Bogenherstellung erfolgte von den Kämpferfundamenten in den Achsen 3 bzw. 9 aus in jeweils 24 Takten sowie einem Schlußtakt. Die Regellänge der Bogentakte betrug ca. 6,00 m, die des Anfängers ca. 7,00 m. Die Herstellung des Bogens erfolgte nach schrittweisem Aufbau des für ausgewählte Takte dargestellten Abspannungssystems (Abb.4). Auf den Kämpferpfeilern in Achse 3 + 9 wurde dabei die Abspannung über Stahlpylone bis zu den hangseitigen Fundamenten geführt (Abb.4). Die Einleitung der Rückhängekräfte aus den beiden Bogenhälften wurde mit Felsankern in den Achsen 1+2 (Ost) bzw. 10+11 (West) realisiert. Die Spannglieder der Abspannung erhielten weiße Hüllrohre, um den Temperatureinfluß zu begrenzen.
Umfangreiche Arbeits- und Spannanweisungen mit zugehörigen Protokollblättern bildeten die Grundlage für einen reibungslosen Bauablauf.
Der Überbau
Der Überbauquerschnitt (Abb.5) besteht aus einem einteiligen Stahlverbundquerschnitt, der die Fahrbahnplatte für beide Richtungsfahrbahnen (RQ 26) trägt. Bereits bei der Ausführungsplanung mußte dabei ein Austausch des Verschleißteils Fahrbahnplatte unter halbseitigem Verkehr in Abschnitten von 15,00 m mit eingeplant werden.
Der Stahlquerschnitt wird im Taktkeller hinter dem Widerlager Achse 14 vormontiert und in 9 Schüssen eingeschoben (Abb.5). Anschließend wird die Fahrbahnplatte mit 2 Schalwagen von den Widerlagern aus in 27 Teilabschnitten hergestellt.
Durch zeitversetzten Beginn wird dabei eine statisch günstige, symmetrische Lastaufbringung im Bogenbereich angestrebt.