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Nachgefragt bei: Marc-Christian Vrielink

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 2. Sep. 2015

# 23.09.2015

Marc-Christian Vrielink von der Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ..."

Dipl.-Ing. Marc-Christian Vrielink ...

Dipl.-Ing. Marc-Christian Vrielink ist bei der Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH für den Bereich Infrastruktur und Umwelt verantwortlich. Foto: Lindschulte
Dipl.-Ing. Marc-Christian Vrielink ist bei der Lindschulte Ingenieurgesellschaft mbH für den Bereich Infrastruktur und Umwelt verantwortlich. Foto: Lindschulte

...verantwortet bei der LINDSCHULTE Ingenieurgesellschaft mbH als Gesellschafter-Geschäftsführer den Kompetenzbereich Infrastruktur und Umwelt.

Das Nordhorner Planungsbüro arbeitet mit über 250 Beschäftigten an neun Standorten in den Bereichen Brücken- und Ingenieurbau, Energy Services sowie Hoch- und Industriebau.

Im Bereich der ingenieurtechnischen Überflutungsvorsorge bieten die Nordhorner Planer für ihre Kunden eine umfassende und komplexe Computer-Simulation durch GeoCPM an.


Herr Vrielink, was fordert Sie gerade besonders in Ihrem Job?

Neben den täglich variierenden Aufgabenstellungen, die in unserem Berufsbild bekannter Weise sehr vielfältig sind, beschäftige ich mich zurzeit zunehmend damit, in der LINDSCHULTE-Gruppe das Building Information Modeling (BIM) für den Bereich Infrastruktur einzuführen.

Wir erkennen hier große Chancen, durch die moderne technologische Verknüpfung der 3D-Planungsprozesse mit den weiteren Themenfeldern Kosten, Termine, Abrechnung etc. wirklichen Mehrwert für unsere Auftraggeber erwirken zu können und uns auch bei unseren eigenen Projektprozessen zu verbessern.

Der Markt ist aus unserer Sicht im Bereich der Infrastrukturprojekte hier am Beginn einer dynamischen Entwicklung und wir wollen gerne "vorne mit dabei sein".


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich bin seit etwa 19 Jahren in dieser Branche tätig und ich will nicht verschweigen, dass es Tage gibt, an denen die "Warum-Frage" durchaus berechtigt ist.

Aber im Ernst: Unsere beruflichen Anforderungen sind außergewöhnlich breit gefächert. Neben den fachlichen Diversifizierungen, die in unserem Unternehmen vom Hoch- und Industriebau über den Brücken- und Ingenieurbau bis hin zu Infrastruktur- und Umweltplanungen und Dienstleistungen für Energieversorgungsunternehmen reichen, liegt der Reiz der Tätigkeit insbesondere in dem immerwährenden Prozess, sich neuen Projekten, Technologien, gesetzlichen Anforderungen und weiteren ändernden Rahmenbedingungen stellen zu müssen.

Darüber hinaus ist es sehr abwechslungsreich, oft mit wechselnden Auftraggeber-Branchen und deren spezifischen Anforderungen sowie mit Behörden unterschiedlichster Hierarchien in unterschiedlichen Ländern in Berührung zu kommen.

Spannend ist auch ein Themenfeld, welches dem Ingenieur nicht klassischer Weise in die berufliche Wiege gelegt wird: Akquisition, Projektkommunikation (insbesondere Bürgerbeteiligungen und ähnliche Vorgänge) und schlicht und ergreifend die gemachte Arbeit auch verkaufen können und wollen. Hier erlebt man immer wieder immense Unterschiede in der Praxis.

Abgerundet wird die Frage nach dem "warum" neben der Büro- und Geschäftsführungstätigkeit mit einer der spannendsten Aufgaben überhaupt: der Motivation, Anleitung, Führung und Bindung unserer Mitarbeiter, die natürlich den Kern des Unternehmens darstellen.


Wo sehen Sie das deutsche Bauingenieurwesen in zehn Jahren?

Ich denke, hier fließen viele Fiktionen im Bereich der technologischen Entwicklung sowie das Berufsbild verändernde Prozesse aufgrund geänderter Umweltrahmenbedingungen, gesetzlicher Vorgaben, demographischer, politischer und wirtschaftlicher Entwicklungen usw. ein. Die Auflistung lässt sich trefflich weiter fortführen.

Ich will es ganz kurz mit einer Kernaussage umschreiben: Im Projektmilieu "Mensch-Umwelt-Technik" werden die grundlegenden Anforderungen, d.h. technisch optimierte Lösungen, Wirtschaftlichkeit, Qualität, Termintreue, Umweltverträglichkeit etc., immer dieselben, bekannten sein. Hier erwarte ich also keine signifikanten Änderungen, sondern weitergehende Ansprüche.

Natürlich werden sich die Arbeitsmethoden und unsere Soft- und Hardwaremöglichkeiten weiterentwickeln. Wir werden sicher Personalressourcenprobleme zu lösen haben und weiter mit dem Ewigkeitsproblem des Kosten- und Termindruckes kämpfen. Möglicherweise wird auch in unserer Branche der bereits begonnene Trend zur Konzentrierung auf wenige große Ingenieurunternehmen weiter zu beobachten sein.

Bezüglich der zukünftigen Auftragslage im Bauingenieurwesen hierzulande sehe ich durchaus positiv in die Zukunft, allerdings mit weiterer Schwerpunktverlagerung auf Sanierung, Rückbau und Bauen im Bestand.


Welche Wege gehen Sie in punkto Personalgewinnung?

Wie bereits erwähnt, ist die Thematik Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung von eminent wichtiger Bedeutung. Wir nutzen alle zur Verfügung stehenden medialen Möglichkeiten mit deutlichem Schwerpunkt auf digitale Medien. Klassische Zeitungsannoncen sind mittlerweile von bescheidenem Erfolg gekrönt. Darüber hinaus beschäftigen wir Personalsuchagenturen, die uns neue Mitarbeiter zuführen.

Wir sind außerdem an Fachhochschulen und Universitäten engagiert und versuchen durch unsere aktive Mitarbeit und Präsenz junge Menschen für LINDSCHULTE zu begeistern.

Eine gute Möglichkeit für uns ist der Weg des dualen Studiums, mit dem wir in der Vergangenheit bereits mehrere Ingenieurinnen und Ingenieure für unser Unternehmen gewinnen konnten. Dies ist also eine Win-Win-Situation.


Auf wen hören Sie beruflich?

Zahlreiche Auftraggeberkontakte und -gespräche geben mir die nötige Orientierung über die Relevanz von Themen, Herangehensweisen, Entwicklungen etc. Ich tausche mich auch intensiv mit meinen Mitarbeitern und Partnern aus.


In welche Informationstechnik haben Sie zuletzt investiert?

Zuletzt haben wir eine weitere Software für 2D-Strömungssimulationsmodelle beschafft, die rund 15.000 Euro gekostet hat.

Unser Budget für derartige Investitionen liegt im hohen sechsstelligen Bereich pro Jahr und ist naturgemäß unser unverzichtbares Handwerkszeug.

Generell kann man sagen, dass wir klassischerweise permanent in Hard- und Software investieren müssen, um modern und produktiv weiter agieren zu können. Ergänzt werden diese Anschaffungen von Prüf- und Vermessungsgerätschaften für unsere Bauwerksprüfungs- und Vermessungsabteilungen.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Jüngste Bekundungen, verstärkt in Infrastruktur zu investieren, sind sicherlich richtig und wünschenswert. Allerdings wird in der Diskussion vergessen, dass die öffentliche Infrastruktur mit dem höchsten Wert unterirdisch und nicht oberirdisch verbaut ist. Neben Straßen und Brücken werden in diesem Zusammenhang unterirdische Entwässerungsinfrastrukturen wenig genannt.

Hier herrscht aber bekannter Weise ebenso erheblicher Sanierungsbedarf. Und das bei vermutlich umwelttechnisch weitaus größeren negativen Auswirkungen im Status Quo. Wünschenswert wäre, dass die Politik dieses Thema nicht aus den Augen verliert und die Sanierungsprozesse aktiver vorantreibt.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Ich besuche pro Jahr circa fünf bis sechs fachliche Weiterbildungen unterschiedlicher Richtungen und nutze natürlich die zahlreichen Fachzeitschriften und Newsletter zur Orientierung.

Hausintern geben wir uns Mühe, jeden Monat einmal im Fachteam interne Weiterbildungen zu organisieren, die jeweils von einem bis zwei Kollegen vorbereitet werden.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Die Zeit mit meiner Familie genieße ich sehr. Zudem fahre ich mit viel Freude mit einem Auto ohne Dach durch inspirierende Landschaften oder gehe mit meiner Frau kulinarischen Genüssen nach.

Darüber hinaus versuche ich, mich durch das Laufen längerer Strecken einigermaßen körperlich fit zu halten. Ich lese sehr gerne Bücher unterschiedlicher Genres. Am exklusivsten, weil so gut wie nie realisierbar, ist für mich das "Nichtstun".