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Nachgefragt bei: Moritz Menge

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 18. Jan. 2019

# 30.01.2019

Dipl.-Ing. Moritz Menge von der Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH in Linz, Österreich - Jeder Planer tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ...". Bauingenieure und Experten ihres Faches liefern dabei im Interview aufschlussreiche Antworten zu unseren Fragen.

Dipl.-Ing. Moritz Menge ...

Dipl.-Ing. Moritz Menge ist Teamleiter Konstruktiver Ingenieurbau bei der Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH im österreichischen Linz. Foto: privat
Dipl.-Ing. Moritz Menge ist Teamleiter Konstruktiver Ingenieurbau bei der Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH im österreichischen Linz. Foto: privat

...ist Teamleiter Konstruktiver Ingenieurbau bei der Schimetta Consult Ziviltechniker GmbH in Linz, Österreich. Sein Team plant Ingenieurbauwerke der Verkehrsinfrastruktur und Hochbauten für Kunden in Zentral- und Westösterreich sowie in Deutschland.

Schimetta Consult plant und berät seit 50 Jahren vor allem im Bereich der Verkehrsinfrastrukturplanung mit circa 100 Mitarbeitern, darunter Verkehrsanlagenplaner, Bauwerksplaner und Baumanager.


Herr Menge, was fordert Sie gerade besonders in ihrem Job?

Was mich stets besonders fordert, ist die Entwicklung meines Teams und hier insbesondere die Verbreitung des Wissens innerhalb des Teams. Dazu gehören sowohl sehr erfahrene Kollegen, die teils seit 40 Jahren im Unternehmen tätig sind, als auch Berufseinsteiger, die wir neu eingliedern und entwickeln müssen.

Die operative Projektarbeit bringt täglich neue Herausforderungen mit sich. Ich habe das Glück, in einem hervorragenden Team und überwiegend für sehr zielorientiert und partnerschaftlich agierende Auftraggeber zu arbeiten. Da macht es Freude, sich den jeweiligen technischen Herausforderungen zu stellen, verschiedene Fachbereiche zu vernähen, neue Wege zu suchen.

Wenn ab und an doch mal klimatische Trübungen zum Auftraggeber oder im Team entstehen, versuche ich, diesen mit der nötigen Gelassenheit zu begegnen, um gemeinsam schnell wieder Klarheit in die Zusammenarbeit zu bringen.

Wir pflegen bei Schimetta Consult eine offene Wissenskultur. Keiner hält Wissen zurück, "dumme" Fragen gibt es nicht. Keiner kann, geschweige denn soll alles wissen müssen. Daher ist es völlig normal, dass auch die erfahrenen Kollegen Jüngere konsultieren. Etwas nicht zu wissen, empfindet in der Regel keiner als Bloßstellung, sondern als Lernen und Weiterkommen im Team.

Daran zu arbeiten, diese Kultur des Wissensaustausches bestmöglich zu nutzen und auch zu pflegen, ist eine nie endende Herausforderung.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Bereits zu Beginn meines Bauingenieurstudiums an der RWTH Aachen war ich mir recht sicher, dass mein Weg in die Planung gehen wird. Tragwerke und deren Funktionsweise haben mich schon während der Schulzeit fasziniert.

Mein Berufseinstieg begann im Ingenieurbüro Vössing, Düsseldorf. Dort war ich als Projektingenieur im Bereich Tunnelbau und Spezialtiefbau tätig. In diesen Jahren habe ich viel von Kollegen lernen können, die einen großen Teil ihres Berufslebens in technischen Büros von größeren Baukonzernen gearbeitet hatten und mir somit einen besonderen Praxisbezug vermitteln konnten. Mit meinem Mentor aus der damaligen Zeit habe ich noch immer Kontakt.

2005 bin ich vom Rhein nach Linz an der Donau gezogen, um bei Schimetta Consult zunächst als Statiker für Ingenieurbauwerke zu arbeiten. Neben einer soliden Ausbildung im Brückenbau bekam ich hier auch immer wieder die Möglichkeit, mein Wissen aus dem Spezialtiefbau anzuwenden, Ausflüge in Hochbauprojekte zu wagen oder mich in Projekte mit besonderen Problemstellungen mit Bezug zu Forschung und Entwicklung zu vertiefen.

Meine Tätigkeit ist so vielseitig und spannend, dass sich für mich nie die Frage stellte, ob ich in der richtigen Branche arbeite. Die Projekte, die ich als Projektleiter bearbeite, sind abwechslungsreich durch ihre generelle Art, durch ihre jeweils besonderen Problemstellungen, ihre aktuellen Leistungsphasen, durch die verschiedenen Beteiligten.

Oft hört man von Menschen, die vor der Berufswahl stehen, sie wollten etwas "mit Menschen" machen. Auch wenn sich hartnäckig das Bild des Ingenieurs hält, der rein technikorientiert nur über seinen Plänen brütet, arbeitet man im Ingenieurbüro doch viel mit und für Menschen.

Nur gemeinsam lassen sich die Projektideen verwirklichen. Und als Team kann man sich anschließend über das gelungene Werk gemeinsam freuen. In der heutigen Zeit ist die Umsetzung von komplexen Projekten nur im Team denkbar.

Außerdem planen wir Infrastruktur für viele Menschen, deren alltägliche Lebensvoraussetzungen wir dadurch mitgestalten.


Welche Wege geht Ihr Unternehmen in punkto Personal?

Schimetta Consult setzt vor allem auf die Entwicklung junger Mitarbeiter, auf deren stetige Weiterbildung und langfristige Bindung. Dies gelingt uns offenbar recht gut, was die geringe Fluktuation und viele Mitarbeiter zeigen, die dem Unternehmen bereits sehr lange treu sind.

Diese Loyalität führe ich neben den spannenden Projekten, einer guten Bezahlung und interessanten Entwicklungsmöglichkeiten in Führungs- und Fachkarrieren vor allem auf die Qualität des alltäglichen Umgangs miteinander zurück.

Mitarbeiter erhalten ab dem ersten Tag im Unternehmen einen Mentor, der sie in allen fachlichen Fragen, aber auch darüber hinaus in Fragen zum Büro, Beruf bis hin zur Wohnungssuche oder zum weiteren Einleben in einer neuen Stadt begleitet. Ich selbst habe es als deutscher Immigrant in Österreich erleben dürfen.

Dadurch entsteht oft auch von Anfang an ein enger persönlicher Bezug. Die Beziehung zum Mentor bleibt in der Regel auch dauerhaft eine besondere, persönliche Beziehung, auch wenn sich die Funktion im Büro und die Art der Zusammenarbeit im Laufe der Zeit wandeln.

Das Betriebsklima ist von großer Offenheit geprägt. Fast jeder kennt jeden, mit der Zeit haben sich viele private Verbindungen gebildet. Sie tragen auch dazu bei, dass neue Kollegen schnell Anschluss finden und sich zugehörig fühlen. Man lädt sich ein, man feiert zusammen, macht gemeinsame Ausflüge in die Berge, einschließlich der "Neuen".

In dieser Atmosphäre versuchen wir eine motivierende Führungskultur zu leben, in der wir unseren schwungvollen Weg gehen, jedoch möglichst ohne kontraproduktive Hektik. Denn gerade Statik verträgt sich nicht mit Hektik.

Wir suchen gemeinsam nach Lösungen, wie wir im Team produktiv sein können. Und suchen sie immer wieder neu. Dazu gehört vor allem auch, dass wir Jeden möglichst nach Maßgabe seiner spezifischen Motivation und Fähigkeiten einsetzen.

Ich bin davon überzeugt, dass sich Mitarbeiter nur dann langfristig an einen Arbeitgeber binden, wenn es ehrliche Perspektiven gibt. Daher legen wir Wert darauf, dass jeder Mitarbeiter die Chance hat, sich im Unternehmen zu entwickeln. Diese Entwicklung betrifft natürlich nicht nur die Führungskarriere. Führungskompetenz allein hat noch kein Projekt erfolgreich abgeschlossen.

Um als Ingenieurbüro erfolgreich in attraktiven Projekten sein zu können, ist es wichtig, eine Vielzahl von Projektbearbeitern zu haben, die ihre fachlichen Kompetenzen in wechselnde Teams einbringen. Dadurch entsteht eine Vielzahl an individuellen Fachkarrieren, denn die Entwicklungswege der Mitarbeiter sind ja stark durch individuelles Interesse und Engagement geprägt.

Dieses Interesse und Engagement unterstützen wir, wo es geht. Manch ungewöhnlicher Bereichs- oder Fachwechsel hat sich dadurch schon ergeben, was dazu führte, dass sich die Mitarbeiter wohler in ihrer Tätigkeit fühlen und sich noch motivierter einbringen. Das ist natürlich immer auch ein Gewinn für das Unternehmen.

Als Führungskräfte erwarten wir von unseren Mitarbeitern kein "Sich-Verausgaben". Das ist in der Branche leider nicht selbstverständlich. Wir streben vielmehr an, dass sich Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen und sich dem Unternehmen positiv und engagiert verbunden fühlen. Das gelingt freilich nicht immer, aber wir arbeiten daran. Ich denke, dass Alle im Team – realistischerweise: meistens – gerne zur Arbeit gehen.


Auf wen hören Sie beruflich?

Für einzelne Fachfragen findet sich immer ein Kollege im Team oder in meinem weiteren Netzwerk von Ingenieurkollegen, der weiterhelfen kann.

Natürlich gibt es noch viele weitere Berater. Auch oder gerade nach 13 Jahren bei Schimetta Consult habe ich einen besonderen Draht zu demjenigen Kollegen, der meine Entwicklung seit dem Einstieg begleitet hat. Mit ihm tausche ich mich mehrmals wöchentlich aus.

Hinzu kommen einzelne Kollegen im Unternehmen oder auch in befreundeten Ingenieurbüros, zu denen ich ein freundschaftliches Verhältnis habe.

Bei aller Verbundenheit zur Technik und den damit verbundenen Arbeitsmethoden, die auf rationaler, analytischer Entscheidungsfindung beruhen, höre ich ansonsten auch auf meinen Bauch, der zusätzlich zu aller vorangehenden Beratung eine gewichtige Funktion hat. Diesem Gefühl vertraue ich, in dem Wissen, dass die eigene Intuition häufig viel weitergehende Zugriffsmöglichkeiten auf Erfahrungen hat als die schlichte Rationalität.

Besonders wertvoll ist mir aber der Rat meiner Frau, die mich besser kennt als jeder Kollege. Mit ähnlichem beruflichem Hintergrund bringt sie häufig neue Aspekte in den Austausch ein.


In welche (Informations-)Technik investiert Ihr Unternehmen?

Wie viele Unternehmen der Baubranche, bauen wir seit einiger Zeit unsere Planungssoftware rund um mehrdimensionales Planen im Sinne von Building Information Modeling auf und aus. Dieser Prozess wird nach unserer Einschätzung noch einige Zeit anhalten und zwar nicht nur bei uns als Planer. Auch auf Seiten der Behörden und Software-Hersteller sehe ich noch einen teils weiten Weg, bis das Ziel des ganzheitlichen Planens in BIM durchgehend Realität werden kann.

Die Investition in Technik allein macht noch kein modernes Unternehmen aus. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht der sichere Umgang mit der zur Verfügung stehenden Technik. Hier setzen wir stark auf ständige gegenseitige sowie externe Schulungen zur Wissensweitergabe.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Wir Mitteleuropäer leben und arbeiten in Demokratien. Das Wesen der Demokratie ist im Gegensatz zu anderen politischen Systemen, dass es den offenen Diskurs gibt. Gute Politik braucht diesen Diskurs, wie ihn auch gute planerische und technische Lösungen brauchen.

Das bedeutet, dass Infrastrukturprojekte, die wir planen, auch öffentlich diskutiert und verhandelt werden, damit sie im Einklang mit den Gesetzen entstehen, und dass sie den gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Konsens widerspiegeln. Den für die technische Planung manchmal anstrengend erscheinenden Prozess finde ich gut und wichtig.

Ich glaube aber, dass das Gleichgewicht zwischen symbolischer Politik und praktischer Politik in der Vergangenheit leider etwas abhandengekommen ist. Kurzfristige und individuelle Interessen überlagern zu oft die wichtige und solide Arbeit der politischen Verwaltung im Hintergrund.

Dadurch leitet die symbolische Politik häufig zu stark die praktische Politik. Vernünftige Wege, die man auch über Parteiengrenzen hinweg als sinnvoll ansehen könnte, werden nicht oder nicht rechtzeitig gegangen. Das gilt freilich nicht allein für den Bereich großer Infrastrukturprojekte.

Als Ingenieur finde ich es besonders schade, dass die Politik nicht mehr wissenschaftliche Erkenntnisse direkt aufgreift. Anders ausgedrückt: Es ist nicht gut, wenn der Lobbyismus anderer Interessensvertretungen der Wissenschaftslobby regelmäßig überlegen ist. Dadurch verdrängen kurzfristige ökonomische oder andere gerade populäre Themen vielfach nachhaltiger wirkende Sozial,- Kultur-, und Friedensprojekte.

Beispielhaft seien hier die vielen wissenschaftlich belegten Fakten zum Klimawandel auf der einen Seite genannt und deren Verarbeitung durch die Politik auf der anderen Seite.

Wünschenswert wäre, wenn sich, bei allem erforderlichen politischen Diskurs, eine ehrliche partnerschaftliche Zusammenarbeit in der Politik etablieren könnte, um die großen Herausforderungen wirklich anzugehen.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Mit jedem Projekt und in jedem Gespräch gibt es vielerlei Möglichkeiten zu lernen. Das versuche ich jeweils anzunehmen, durch persönlichen Austausch mit Kollegen, durch gezieltes Nachlesen von Fakten oder Reflektieren mancher Gesprächssituationen. Dadurch lässt sich Wissen in der Breite aufbauen und festigen.

Das fallweise erforderliche Wissen in der Tiefe eigne ich mir durch einschlägige Fachliteratur an. Einzelne Weiterbildungen, Schulungen, Seminare, Kongresse ergänzen das.

Darüber hinaus greife ich immer wieder zu Literatur aus den Bereichen Politik, Psychologie und Soziologie.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Der Beruf ist fordernd. Klar sind Kostendruck, Termindruck und Wissensdruck anstrengend. Ich bin aber in der glücklichen Situation, dass ich meine Arbeitszeit mit tollen Kollegen verbringen kann und die Arbeit meistens mit und für das Team richtig Spaß macht.

Dadurch nehme ich nur selten berufliche Themen im Kopf oder auf dem Laptop mit in den Feierabend. Somit fängt mein Ausgleich bereits auf dem Weg nach Hause an, wo ich den beruflichen Teil des Tages gedanklich meist abschließen kann.

In der Freizeit genieße und gestalte ich das Familienleben gemeinsam mit meiner Frau und unseren drei Kindern.

Zeit für mich alleine, für einen physischen oder psychischen Rückzug, nehme ich mir auch, zum Musizieren, für Arbeiten am Haus und im Garten, oft gemeinsam mit der Familie, oder mit Sport. Letzteres in jüngster Zeit leider zu selten, aber wenn, dann genieße ich es umso mehr.