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Nachgefragt bei: Thomas Becker

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 15. Mai 2014

# 25.06.2014

Thomas Becker von der Becker Ingenieure GmbH - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat Nachgefragt bei ...

Dipl.-Ing. Thomas Becker...

Dipl.-Ing. Thomas Becker führt das eigene Planungsbüro in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit 15 Mitarbeitern. Foto: Vollrath / Becker Ingenieure GmbH
Dipl.-Ing. Thomas Becker führt das eigene Planungsbüro in Bad Neuenahr-Ahrweiler mit 15 Mitarbeitern. Foto: Vollrath / Becker Ingenieure GmbH

...ist Inhaber und Geschäftsführer der Becker Ingenieure GmbH mit Sitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die 2004 gegründete Ingenieurgesellschaft beschäftigt derzeit 15 Mitarbeiter und erbringt Leistungen im Bereich des konstruktiven Ingenieurbaus und des Wasserbaus. Zusammen mit dem Partnerunternehmen Berthold Becker GmbH werden auch Projekte im kommunalen Straßenbau, der Kanalisation und der Wasserversorgung realisiert. Mit Thomas Becker sprach bauingenieur24-Redakteur Fabian Hesse.

Herr Becker, was fordert Sie gerade besonders in Ihrem Job?

Ich habe zuletzt 60 Brücken in einer Großstadt in Nordrhein-Westfalen einer alljährlichen Besichtigung nach DIN 1076 unterzogen. Ich arbeite hier mit den zuständigen Fachabteilungen der Kommunen zusammen, welche zum Teil leider, anders als auf Bundes- und Länderebene, die Brückenprüfung in den letzten Jahrzehnten sehr vernachlässigt haben. Das Ergebnis ist logischerweise ernüchternd. An allen Objekten, die ich gesehen habe, sind Erhaltungsmaßnahmen nötig. So gesehen werden wir Ingenieure es auch die nächsten Jahre gut haben, da die Arbeit nicht ausgeht.

Aber im Ernst: Es ist natürlich erschreckend, dass bereits Brücken, wenn auch nur vereinzelt und in kleinem Maßstab, aufgrund unterlassener Sanierungsmaßnahmen einstürzen. Das Thema steht nun Gott sei Dank in der Wahrnehmung ganz oben, sowohl bei den Kommunen als auch in der Bundes- und Landespolitik. Die Investitionen laufen langsam an.

Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig?

Nach meinem Abschluss 1996 war ich vier Jahre bei einem Prüfingenieur beschäftigt. Die dort gesammelten Erfahrungen helfen mir heute sehr. Vor dem Studium habe ich bereits eine Schreinerlehre absolviert, was mir einen intensiven Bezug zur Baupraxis verschafft hat. Im Jahr 2000 bin ich in das Büro meines Vaters Berthold Becker eingestiegen, welches ich später zusammen mit meinem Bruder übernommen habe.


Welche Eigenschaften schätzen Sie als Vorgesetzter bei Ihren Mitarbeitern am meisten?


Das Betriebsklima muss stimmen und die Leute müssen loyal zum Unternehmen stehen. Offenheit gegenüber neuen vereinfachenden Arbeitsmethoden und das Teilen dieser Erfahrungen schätze ich besonders. Ich bin bezüglich dieser Dinge sehr stolz auf mein Team.

Für den reibungslosen Ablauf sorgt vor allem eine über zehn Jahre gewachsene und für alle Unternehmensbereiche identische digitale Ablagestruktur. Dafür brauchen wir keine teure BIM-Software oder Ähnliches. Open-source Programme sind dafür genauso geeignet, wenn man sie klug genug anwendet.

Unsere Mitarbeiter tauschen sich zudem intern über Verbesserungen aus. Ihnen helfen dabei selbst erstellte Anwendervideos, deren Herstellung mit dem Smartphone von heute kein Problem ist. Die Zugriffe darauf belegen, wie nützlich und hilfreich diese Datenbank der kleinen "Lehrfilme" ist.

Wichtig ist mir der Fokus auf Gestaltbares. Es muss immer eine Entwicklung stattfinden, an deren Ende mehr mit weniger erreicht werden kann.

Ein Beispiel dazu liefert unser Archivtag, der zweimal im Jahr stattfindet. Jeder sortiert dann seine Unterlagen bzw. Dateien und am Ende wird ein Großteil unnützer Dokumentation gelöscht. Dieses Vorgehen muss von oben vorgelebt werden, dann funktioniert es. Die gewonnene Klarheit in den Systemen hilft wiederum dabei, unseren Kunden Klarheit in baulichen Dingen zu verschaffen.

Auf wen hören Sie beruflich?

Speziell im Bereich der Bauwerksprüfung, der einen Großteil meiner Arbeit ausmacht, kommt es auf Erfahrung an. Weiterbildungen allein reichen da nicht aus. Hier bin ich dankbar für die Unterstützung älterer Kollegen, die teilweise schon in Rente sind.

Außerdem vertraue ich auf ein großes Netzwerk bestehend aus ehemaligen Chefs und Kollegen sowie Studienkameraden, von denen viele heute ihr eigenes Büro führen. Durch Gespräche mit diesen Gleichgesinnten lerne ich eine Menge. Diese Kontakte kommen auch unseren Kunden zugute. Keiner kann alles, daher ist es gut und hilfreich, kompetente Partner zu kennen, auf die man verweisen kann.

Grundsätzlich sehe ich mich nicht als allwissender Einzelkämpfer unter den Bauingenieuren. Ich identifiziere mich mit jedem einzelnen, daher habe ich mich auch das erste Mal für meine Berufsgruppe geschämt als es in Fukushima zur Katastrophe kam. Wenn man um die eigenen Grenzen weiß und sich rechtzeitig Hilfe holt, sind solche Dinge vermeidbar.

Nicht zuletzt steht mir meine Frau, mein Bruder und mein Vater als ebenfalls fachkundige Experten in vielen beruflichen Belangen zur Seite.


In welche Informationstechnik investieren Sie?


Unsere Unternehmensstruktur fußt auf drei verschiedenen digitalen Säulen. Zum einen ist dies die Datenbank für die einzelnen Projekte. Zum anderen die bereits erwähnte einheitliche Ablage. In beides investieren wir regelmäßig. Der dritte Punkt umfasst die Spezialsoftware für bestimmte Arbeiten z.B. im Zusammenhang mit Eurocodes. Hier ist das Investieren sowieso Pflicht.

Bei allen Neuerungen ist es wichtig, dass für jede einzelne Anschaffung zwei alte Sachen rausfliegen müssen. Wie gesagt, wir wollen in Zukunft mehr mit weniger erreichen. Am Ende sind auch nicht Hard- und Software entscheidend, sondern die Daten an sich.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?


Es muss eine Vereinfachung der öffentlichen Vergabeverfahren geben, denn darunter leidet im Moment jeder. Planungsleistungen sollten dabei nicht über Baufirmen ausgeschrieben sondern immer vom Bauherrn direkt an die Planer vergeben werden. Der Bund sollte da mit gutem Beispiel voran gehen.

Planung hat ihren Wert und das muss eine stärkere Akzeptanz erfahren. Kanada kann hier als Vorbild für Deutschland dienen. Zu den Herstellungskosten zählen schließlich Planungs- und Baukosten gleichermaßen. Höhere Planungskosten senken meistens die Gesamtkosten.

Die vom Bund zugesagten Investitionen in die Infrastruktur sind bisher bei den Planern nicht angekommen, da den Kommunen, unseren Hauptauftraggebern, das Geld fehlt.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?


Ich bin ein großer Fan von Anwendervideos oder filmischen Tutorials. Es gibt da tolle Angebote verschiedener Universitäten. Die digitale Khan Academy ist auch sehr empfehlenswert.

Ein kleiner Film über ein Musterprojekt kann vieles leichter machen, da sie alle am Bau Beteiligten verstehen können.

Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Um fit zu bleiben, bin ich gerne mit dem Rennrad unterwegs. Mit meinen beiden Söhnen betreibe ich zudem in der Freizeit etwas Landwirtschaft. Wir pflanzen Kartoffeln an und schlagen Holz für den Eigenbedarf. Dazu kommen gemeinsame Ausflüge über das Jahr verteilt mit der ganzen Familie.