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Nachgefragt bei: Torsten Sasse

Verfasst von: Fabian Hesse
Veröffentlicht am: 25. Juni 2015

# 21.07.2015

Torsten Sasse von der Umtec Prof. Biener | Sasse | Konertz Partnerschaft Beratender Ingenieure und Geologen mbB - Jeder Bauingenieur tickt in seiner beruflichen Praxis anders. Arbeitsabläufe und Planungen gestalten sich, je nachdem, worauf der Einzelne Wert legt, unterschiedlich. Um den individuellen Eigenschaften erfolgreicher Ingenieure auf die Spur zu kommen und ihre Tipps und Hinweise für den Beruf für alle nutzbar zu machen, heißt es bei bauingenieur24 einmal im Monat "Nachgefragt bei ..."

Dipl.-Ing. Torsten Sasse ...

Dipl.-Ing. Torsten Sasse ist seit diesem Jahr Präsident der Ingenieurkammer Bremen. Als Beratender Ingenieur agiert er u.a. als Partner des Ingenieurbüros Umtec. Foto: Michael Bahlo
Dipl.-Ing. Torsten Sasse ist seit diesem Jahr Präsident der Ingenieurkammer Bremen. Als Beratender Ingenieur agiert er u.a. als Partner des Ingenieurbüros Umtec. Foto: Michael Bahlo

...ist Partner der Umtec Prof. Biener | Sasse | Konertz Partnerschaft Beratender Ingenieure und Geologen mbB aus Bremen mit Niederlassungen in Aachen und Osnabrück. Zudem ist er geschäftsführender Gesellschafter des Ingenieurbüros S3 Sasse I Stein I Sasse GmbH. Beide Unternehmen beschäftigen im Verbund ein Team von insgesamt ca. 100 Mitarbeitern.

Als Beratender Ingenieur erbringt Sasse Planungs- und Gutachterleistungen im Bauwesen und in der Umwelttechnik. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen u. a. in der Planung und Überwachung von Ingenieurbauwerken, Infrastrukturprojekten und Baumaßnahmen im Bereich der Geotechnik. Zu seinen Kunden gehören die öffentliche Hand und private Auftraggeber, darunter ein breites Spektrum an Industrie-, Versicherungs- und Handelsunternehmen. Sasse ist seit Mai 2015 Präsident der Ingenieurkammer Bremen.

Mit Torsten Sasse sprach bauingenieur24-Redakteur Fabian Hesse.


Herr Sasse, was fordert Sie gerade besonders in Ihrem Job?

Derzeit bin ich von der Hamburg Port Authority AöR (HPA) damit beauftragt, Lösungen zu entwickeln, um notwendige Kapazitäten zur Deponierung von Baggergut, das aus ökologischen Gründen nicht verwertet werden kann, sicherzustellen.

Ich bin mit Leib und Seele Beratender Ingenieur und freue mich über jedes Zeitfenster, dass ich solcher eigentlichen Ingenieurtätigkeit widmen kann.

Dieses "Ingenieursein" in Einklang zu bringen mit den administrativen Tätigkeiten der Büroleitung, der Akquisition neuer Aufträge, den ehrenamtlichen Aufgaben sowie einer "Kreativitätsecke", um neue Ideen und Visionen zu entwickeln, stellt zu jeder Zeit eine große Herausforderung dar. Die persönliche Beratung meiner Kunden ist mir eine Herzensangelegenheit, führt aber auch zu besonderer zeitlicher Inanspruchnahme.


Wie lange sind Sie schon in der Branche tätig und warum?

Ich bin seit Beendigung meines Bauingenieurstudiums 1984 in der Baubranche tätig. Zunächst war ich sechs Jahre im zentralen Technischen Büro einer führenden deutschen Baufirma beschäftigt. Seit über 25 Jahren bin ich nun als Beratender Ingenieur selbstständig.

Anders als in der sonstigen Industrie gelten für das Bauwesen aufgrund der Herstellung von Unikaten besondere Anforderungen an Planung und Ausführung. Diesen habe ich mich immer gerne gestellt, wobei mir die eigenverantwortliche Tätigkeit viele Gestaltungsmöglichkeiten erlaubt.


Wo sehen Sie das deutsche Bauingenieurwesen in zehn Jahren?

Die zunehmende Digitalisierung sämtlicher Arbeits- und Verfahrensprozesse wird für das Bauwesen in den nächsten zehn Jahren von herausragender Bedeutung sein. Was an der Schwelle zur vierten industriellen Revolution bei der Informatisierung (Anm. d. Red.: Durchdringung mit Informations- und Kommunikations-Technologien) der Fertigungstechnik als "Industrie 4.0" gestaltet wird, findet im Bauwesen sein Pendant als Building Information Modeling (BIM).

Bauprojekte werden durch die frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit, die große Anzahl an Vorschriften, die Berücksichtigung der Nachhaltigkeit immer komplexer. BIM verfolgt in diesem Kontext das Ziel, alle Prozesse des Planens und Bauens sicher zu organisieren und transparenter zu gestalten. Die Digitalisierung der Wertschöpfungskette vom Planen über Bauen bis hin zum Betreiben wird durch die Einbindung aller Beteiligten zu einem Paradigmenwechsel in der Bauwirtschaft führen. Dieser Prozess ist so zu gestalten, dass auch kleinere Büros den Weg mitgehen können.

Ich hoffe und erwarte zudem, dass an dem bewährten Model der Trennung von Planung und Ausführung festgehalten wird, da sich hierdurch nach meiner Einschätzung für den Bauherrn die bestmöglichste Kombination aus qualitätsgerechter und transparenter Umsetzung seiner Zielvorgaben in Relation zu den Kosten erreichen lässt.


Welche Wege gehen Sie bei der Gewinnung und Sicherung Ihres Personals?

Zu Recht widmen sich die Inhaber von klein- und mittelständischen Planungsbüros persönlich dieser essentiellen und zeitaufwendigen Aufgabe. Wir selbst pflegen einen langjährigen intensiven Kontakt zu den Hochschulen an unseren drei Bürostandorten, stellen gerne Plätze für Studien begleitende Pflichtpraktika zur Verfügung, beschäftigen Studierende bereits während ihres Studiums als wissenschaftliche Hilfskräfte und bilden regelmäßig Bauzeichner aus. Zudem unterstützen wir im Rahmen des Deutschlandstipendiums Studierende sowie Studienanfänger.

Aufgrund unserer vergleichsweise hohen Spezialisierung nutzen wir bei konkreten Stellenangeboten weniger lokale Printmedien, sondern bedienen uns zunehmend internetbasierter Informationsdienste. Auf diesem Wege ist es uns z.B. gelungen, in den letzten zwölf Monaten zwei Ingenieure aus Mittel- bzw. Südamerika über das System der "Blue Card" anzustellen, mit deren Tätigkeit wir bisher sehr zufrieden sind.


Auf wen hören Sie beruflich?

Auf alle diejenigen Menschen, auf deren unabhängigen und kompetenten Rat ich vertraue. Informationen, die mit Produkt- oder Lieferinteressen verbunden sein können, werden vor diesem Hintergrund kritischer überprüft.


Welche Informationstechnik haben Sie zuletzt erworben und was hat das gekostet?

Gerade haben wir die Investition in einen neuen Storage-Server mit einem Speichervolumen von 10 TB abgeschlossen. Grundsätzlich investieren wir regelmäßig in moderne PC-Arbeitsplätze - mit jeweils aktueller CAD-Software bzw. aktuellen Office-Produkten - sowie in ein leistungsfähiges Datensicherungssystem. Für einen schnellen Datenaustausch haben wir im letzten Jahr einen Glasfaserkabelanschluss realisiert.

Die entsprechenden Investitionskosten belaufen sich jährlich auf einen fünf- bis sechsstelligen Betrag.


Welchen Wunsch haben Sie an die Politik?

Als Präsident der Ingenieurkammer Bremen fällt mir hierzu natürlich eine Menge ein, z.B. die Schaffung eines Berufsausübungsrechtes für Ingenieure in schutzbedürftigen und sicherheitsrelevanten Bereichen, wie es in vielen EU-Staaten bereits realisiert ist. Ich möchte mich hier allerdings auf zwei Wünsche konzentrieren:

Zum einen sollte sich die Bundesregierung - auch vor dem Hintergrund der so genannten Transparenzinitiative der Europäischen Kommission - ausdrücklich zu den Freien Berufen als wichtige Säule unseres Mittelstandes und unserer Gesellschaft bekennen. Einem gemeinsamen Fraktionsantrag der CDU/CSU und SPD vom Juni 2015 ist zu entnehmen, dass die Freien Berufe in Deutschland mit 1,2 Mio. selbstständigen Freiberuflern 3,3 Mio. Mitarbeiter beschäftigen (und ausbilden!) und über zehn Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften. Freiberufliche Dienstleistungen werden in unserer modernen Dienstleistungsgesellschaft immer wichtiger. Ihre Erbringung hat sich für das Dienstleistungsland Deutschland als relevanter Standortfaktor bewährt.

Um die hohe Qualität dieser Leistungen sicherzustellen, halte ich es dabei für erforderlich, das bewährte und verhältnismäßige Berufszugangsregeln gewahrt bleiben. Wo Ingenieur "draufsteht" muss Ingenieur "drinstecken". Die Bundesregierung muss an dem System der Selbstverwaltung der Freien Berufe festhalten und den präventiven Verbraucherschutz durch Beibehaltung bewährter Regeln stärken.

Mein zweiter Wunsch betrifft die Umsetzung des Bundesratsbeschlusses vom Juni 2013 zur Einführung der 7. Novelle der HOAI. Der Bundesrat hatte seinerzeit seine Beschlussfassung mit der Bitte an die Bundesregierung verbunden, die Frage der Rückführung der so genannten Beratungsleistungen intensiv zu prüfen und hierzu innerhalb von zwei Jahren zu berichten. Weiterhin hatte der Bundesrat im gleichen Beschluss darum gebeten, dass Regelungen zur Honorierung der Leistungen für die Örtliche Bauüberwachung von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen verbindlich in die HOAI aufzunehmen sind.

Gut zwei Jahre nach der Beschlussfassung sind entsprechende Aktivitäten der Bundesregierung zumindest für mich nicht erkennbar. Die Tatsache, dass Leistungen der Bauüberwachung für Gebäude, Freianlagen und Leistungen der Technischen Ausrüstung gesetzlich geregelt sind, während vergleichbare Tätigkeiten für die Überwachung der Ausführung von Ingenieurbauwerken und Verkehrsanlagen de facto dem reinen Preiswettbewerb unterliegen, ist bereits systematisch nicht nachzuvollziehen.

Die Ausgliederung der so genannten "Beratungsleistungen" (z.B. Thermische Bauphysik, Geotechnik, Ingenieurvermessung) diskriminiert mehrere Ingenieurdisziplinen, gefährdet die Qualität am Bau, führt zu einem geringen Lohnniveau und verschärft damit den Nachwuchsmangel.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass sich junge Menschen wegen unzureichender Gehälter, insbesondere in den Planungsbüros, oft gegen ein Bauingenieurstudium entschieden haben. Diese Situation wird sich nicht verbessern, wenn die umsatzrelevanten Leistungen zur Bauüberwachung, welche gerade im Interesse der Auftraggeber besonders qualifizierte und erfahrene Ingenieure verlangen, zunehmend zu Dumpingpreisen angeboten werden müssen. Dass das Leistungsbild zur Örtlichen Bauüberwachung von vielen Auftraggebern nur unzureichend beschrieben wird, ist hierbei ebenfalls problematisch.

Unabhängig von den angesprochenen Problemen, sollte die Bundesregierung dem von der Europäischen Kommission jüngst eingeleiteten Vertragsverletzungsverfahren gegen die HOAI entschieden entgegentreten. Für mich ist die Einleitung des Verfahrens nicht nachvollziehbar, da es sich um eine reine "Inländer-Honorarordnung" handelt, die für ausländische Dienstleister gar keine Wirkung entfaltet.


Wie sieht Ihre individuelle Weiterbildung aus?

Neben dem regelmäßigen Studium von Fachliteratur ist für mich der Besuch mehrerer Fortbildungsveranstaltungen pro Jahr obligatorisch. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt dabei auf Fragen des Bau- und hier insbesondere des Vergaberechts, nicht zuletzt, weil ich zum ehrenamtlichen Beisitzer der Vergabekammer Bremen bestellt wurde.


Welchen Ausgleich haben Sie zum Beruf?

Ich treibe mehrmals wöchentlich Sport. Zudem schaffe ich es bereits seit einigen Jahren, den in meinen Geschäftsführer- bzw. Gesellschaftsverträgen vereinbarten Urlaubsanspruch nicht nur tatsächlich zu nehmen, sondern auch zu leben und zu erleben.