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Beispiele für Anschlussmöglichkeiten im Verbundbau

Verfasst von: Dr. Ing. Joachim Kretz
Veröffentlicht am: 15. Jan. 2002
Kategorie:

# 04.02.2002

In diesem Beitrag werden einige Ausführungsbeispiele für Standardanschlüsse im Verbundbau vorgestellt

1 Einleitung

Abb. 1 und 2 - Deckensystem mit Stahlverbundunterzügen und -deckenträgern im Montagezustand mit Filigranplatten
Abb. 1 und 2 - Deckensystem mit Stahlverbundunterzügen und -deckenträgern im Montagezustand mit Filigranplatten

Dabei wird ein Ausschnitt aus einem Deckensystem, bestehend aus Deckenträgern und Unterzügen nach Abb. 1 und Abb. 2, betrachtet. Die Anschlüsse Träger an Träger und Träger an Stütze sind gelenkig ausgeführt. Mit geringem Mehraufwand lassen sich diese Konstruktionen auch als teiltragfähige Anschlüsse ausbilden.


2 Einfluss des Bauablaufes auf die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit

Abb. 3 - Einfluss des Bauablaufes auf die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit
Abb. 3 - Einfluss des Bauablaufes auf die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit

In Abhängigkeit der Herstellung eines Verbundträgers erfolgt (mit/ohne Hilfsunterstützung; mit/ohne Durchlaufwirkung), ergeben sich unterschiedliche Verformungen und Anschlussmomente. Einflüsse des Bauablaufes auf die Nachweise der Gebrauchstauglichkeit sind in Abb. 3 zusammengestellt.

Die größten Verformungen sowie das größte Feldmoment treten bei Ausführung von Einfeldträgern auf. Bei einer Ausführung ohne Hilfsstützen und Erzeugen einer Durchlaufwirkung nach dem Betonieren wirken wesentliche Lastanteile im Montagezustand auf die Einfeldträgerkonstruktion. Die weiteren Ausbau- und Verkehrslasten beanspruchen anschließend ein Durchlaufsystem.

Gegenüber einem System, bei dem die Durchlaufwirkung bereits vor dem Betonieren erzeugt wird, ergeben sich kleinere, risserzeugende Stützmomente, aber größere Verformungen und daraus folgend größere erforderliche Überhöhungen. Die zu übertragenden Anschlusskräfte sind kleiner. In den meisten Fällen ist die Herstellung ohne Hilfsstützen und die Erzeugung der Durchlaufwirkung nach dem Betonieren am wirtschaftlichsten, da die kleineren Stützmomente sich positiv auf die Maßnahmen zur Rissebeschränkung und auf die konstruktive Ausbildung der Anschlüsse auswirken.


3 Anschlusstypen und Trägerausbildung

Abb. 4, 5, 6 und 7 - Knüppelanschluss
Abb. 4, 5, 6 und 7 - Knüppelanschluss

Um insgesamt wirtschaftlich zu bauen, müssen auch die Verbindungen zwischen Trägern und die Träger-Stützen-Anschlüsse preiswert in der Fertigung sowie einfach und schnell zu montieren sein. Nachfolgend werden einige wirtschaftliche Standardanschlüsse vorgestellt und erläutert.

3.1 Knüppelanschluss
In Abb. 4 ist ein Knüppelanschluss als Anschluss eines Deckenträgers an einen Unterzug dargestellt.

Die Montage von Trägern mit Knüppelanschluss erfolgt sehr schnell (nur Auflegen). Bei dieser Art der Ausführung sind i.d.R. keine weiteren Maßnahmen zur seitlichen Halterung am Anschluss erforderlich. Infolge der nahezu mittigen Krafteinleitung in den Anschlussträger wird dieser nur durch kleine Lastexzentrizitäten beansprucht.

Das statische System eines Knüppelanschlusses kann, wie in Abb. 5 dargestellt, als Einfeldträger mit Kragarm abgebildet werden. Die Kragarmspitze liegt definiert auf dem anschließenden Bauteil auf. Das Mittelauflager wird durch eine nach oben überstehende Stirnplatte gebildet, die im Bereich des Knüppels geschlitzt ist. Das andere Ende des Knüppels stützt sich als Gegengewicht gegen den Träger ab. Mit der dargestellten konstruktiven Ausbildung des Knüppels ist ein definierter Lastabtrag über eine diskrete Dreipunktlagerung möglich.

Die Bemessung des Knüppels erfolgt für die Kombination aus Stützmoment und Querkraft am Mittelauflager. Für die Stirnplatte ist die Schubübertragung sowohl in den Knüppel als auch in den Träger nachzuweisen. Der Horizontalschnitt der geschlitzten Stirnplatte ist direkt unter dem Knüppel für Zugkraft und Versatzmoment auszulegen.

3.2 Unterzug mit hohen Einzellasten
Betrachtet man den in Abb. 6 dargestellten Unterzug, auf den sich die Deckenträger im Drittelspunkt der Stützweite auflagern, so fällt die stark abgestufte Dübelverteilung über die Systemlänge auf.

Dieser Verbundträger wird im Wesentlichen durch hohe Einzellasten aus den über Knüppelanschlüsse angeschlossenen Deckenträgern belastet. Die daraus resultierenden Schnittgrößenverläufe M und V zeigt Abb. 7.

Die Verbundmittel sind nach dem elastisch berechneten Schubfluss verteilt. Im Bereich zwischen den Einzellasten (V=0) ist die Dübelanordnung konstruktiv gewählt. Bei genauer nichtlinearer Berechnung unter Berücksichtigung der Nachgiebigkeit in der Verbundfuge treten auch zwischen den Bereichen, in denen nach der technischen Biegelehre die Querkraft V=0 ist, Dübelkräfte auf. Gleichzeitig sind aber die Beanspruchungen der Randdübel gegenüber der Beanspruchung aus dem elastisch berechneten Schubkraftverlauf geringer.


3.3 Gelenkiger Träger - Stützen - Anschluss mit massivem Stahlkern

Abb. 8, 9 und 10 - Träger - Stützen - Anschluss mit massivem Stahlkern
Abb. 8, 9 und 10 - Träger - Stützen - Anschluss mit massivem Stahlkern

Durch den in Abb. 8 dargestellten Träger-Stützenanschluss wird eine Lasteinleitung mit einer geringen Exzentrizität sowie eine schnelle Montage gewährleistet. Ohne weitere Zusatzmaßnahmen werden die Vertikalkräfte aus den anschließenden Trägern über deren Kopfplatten in die steife Kopfplatte der Verbundstütze eingeleitet. Die Vertikalkraftdurchleitung der darüberstehenden Stützen erfolgt über einen massiven Stahlkern, der zentrisch gedrückt wird.

Durch Anordnung eines Druckstücks in Höhe des Stahlträgeruntergurtes und einer entsprechend ausgelegten Zugbewehrung in der Betonplatte wird die Übertragung eines negativen Stützmomentes ermöglicht.

Generell ist es bei der Ausbildung von Anschlüssen wichtig, das mechanische Verhalten der Verbindungen hinsichtlich

  • Tragfähigkeit (voll- oder teiltragfähig)
  • Steifigkeit (starr - verformbar - gelenkig) und
  • Verformbarkeit (Rotationskapazität) deutlich zu unterscheiden. Auf die hierzu erforderlichen genaueren Untersuchungen wird im Rahmen dieses Beitrages jedoch nicht näher eingegangen.


3.4 Gelenkiger Träger - Stützen - Anschluss mit Fahnenblech

Abb. 11, 12, 13 und 14 - Gelenkiger Träger - Stützen - Anschluss mit Fahnenblech
Abb. 11, 12, 13 und 14 - Gelenkiger Träger - Stützen - Anschluss mit Fahnenblech

Abb. 11 stellt beispielhaft einen Träger-Stützenanschluss mit Fahnenblechen dar. Bei diesem Anschlusstyp werden die Vertikalkräfte sowie ggf. vorhandene Anschlussmomente aus der Exzentrizität der Lagerachse zur Schraubenachse vom Trägerende über die Schrauben in die Fahne des anschließenden Bauteils übertragen.

Oft werden die Stahlträger mit einer Überhöhung Abb. 12 eingebaut. Auf diese Art wird den sich einstellenden Verformungen infolge der Herstellung sowie des Materialverhaltens (Kriechen und Schwinden des Betons) ganz oder teilweise entgegengewirkt. Mit Hilfe dieser Überhöhungen soll erreicht werden, dass sich nach Aufbringen aller ständigen Lasten und unter Berücksichtigung des zeitlich veränderlichen Verhaltens des Betons im Endzustand eine nahezu horizontale Trägerlage einstellt. Die Überhöhungen eines Trägers verursachen andererseits aber auch Verdrehwinkel im Anschluss Abb. 13, die konstruktiv zu berücksichtigen sind.

Bei der Ausbildung des Fahnenblechanschlusses ist zu überprüfen, ob die Schrauben infolge des Verdrehwinkels im Montagezustand einzubauen sind. Sollte dies infolge eines zu großen Verdrehwinkels nicht möglich sein, hat man noch die Möglichkeit, die Schrauben in zwei Arbeitsgängen (Montagezustand - Endzustand; vgl. Abb. 13) zu montieren.

Auch bei der oben dargestellten Träger-Stützenverbindung kann ein voll- bzw. teiltragfähiger Anschluss durch das Einbringen eines Druckstücks in Höhe des Untergurtes des Stahlträgers und einer entsprechend ausgelegten Zugbewehrung in der Betonplatte erreicht werden. Ergänzend zu der Zugbewehrung in der Betonplatte kann auch noch eine Zuglasche auf dem Obergurt des Stahlträgers angebracht werden. Das aufnehmbare Stützmoment ermittelt sich aus der Zug- bzw. Druckkraft (Zugkraft = Druckkraft) mal innerem Hebelarm.



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