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Müssen kostengünstige Brücken unbedingt hässlich sein – Teil 1b/4

Verfasst von: Dipl. Ing. Reiner Saul
Veröffentlicht am: 16. Nov. 2001
Kategorie:

# 20.11.2001

Kosten im Brückenbau beinhalten Unterhalt und möglichen Umbau. Unterschiedliche Tragwerksarten bedingen unterschiedliche Preise. Außergewöhnliche Bauwerke oft mit überteuerten Lösungen

2.1 Kostengünstig vs. gut - nicht die Zukunft verspielen

"Es ist unklug, zu viel zu zahlen. Aber es ist noch schlimmer, zu wenig zu zahlen. Es gibt kaum etwas, was man nicht ein wenig schlechter machen kann und etwas billiger verkaufen kann – und Leute, die den Preis alleine betrachten, sind selbst schuld." - Zitat Ruskin

"Für den augenblicklichen Gewinn verkaufe ich die Zukunft nicht." - Zitat Werner von Siemens


2.1.1 Allgemeines: Kosten für Verkehrsinfrastruktur nicht nur beim Bau

Die Kosten der Verkehrsinfrastruktur - also insbesondere der Brücken - umfassen nicht nur den Bau, sondern auch die Unterhaltung, Umbauten und eventuell den Ersatz (Lifecycle cost). Beim Vergleich der Kosten von Brückenentwürfen sind auch zu berücksichtigen: Höhe und Länge von Dämmen in Abhängigkeit von der Bauhöhe; Tragfähigkeit eventuell bestehender Pfeiler und Bemessung neuer Gründungen bei schlechtem Baugrund; Verhalten bei Erdbeben und die Bauzeit.

Bei Beachtung all dieser Punkte können Stahl- und Verbundbrücken auch dort wirtschaftlich sein, wo für den Überbau alleine Spannbeton günstiger wäre. Eine umfassende volkswirtschaftliche Betrachtung müsste natürlich noch andere Punkte berücksichtigen, zum Beispiel Ersparnisse durch Vermeidung von Staus und Wertänderung der Umgebung durch bessere Erschließung / Verkehrsbeeinträchtigung. Die folgenden Angaben können daher nur Anhaltswerte sein.


2.1.2 Anhaltswerte für kostengünstige Brücken

Abb. 2 - Anhaltswerte für Tragwerksformen und Baukosten [Preis/m²] von Straßen- und Autobahnbrücken
Abb. 2 - Anhaltswerte für Tragwerksformen und Baukosten [Preis/m²] von Straßen- und Autobahnbrücken

Die Kosten von Brücken [Preis/m²] hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, u. a. von Nutzung; Stützweite (und damit verbunden - Tragwerk); Höhe über dem Gelände; Gründungsverhältnissen und der Marktsituation. Die vielfältigen Angaben in der Literatur sind nur schwer zu vergleichen, da sie aus unterschiedlichen Zeiträumen stammen und i. a. nicht zwischen den Kosten für Überbauten und Unterbauten unterscheiden. Auch aus den Massen können wegen des Preisverfalls der letzten Jahre keine vergleichbaren Kosten abgeleitet werden.

Die verschiedenen Tragwerksarten überschneiden sich in relativ großen Stützweitenbereichen (Abbildung 2), die Wahl der Tragwerksform hängt dabei im Einzelfall u. a. von folgenden Faktoren ab:

  1. Bei schlechten Baugrund ist eine Schrägkabelbrücke deutlich kostengünstiger als eine Hängebrücke, die sehr aufwendige Widerlager benötigt.
  2. Die Montagemöglichkeiten der Schrägkabelbrücken sind in allen Zwischenbauzuständen stabil, Bogenbrücken dagegen sind nur dann selbsttragend, wenn das System fertiggestellt ist. Sie sind daher i. a. nur dann wirtschaftlich, wenn sie als Ganzes eingeschwommen werden können.


2.1.3 Überteuerte Lösungen im Brückenbau

Abb. 3 - Alamillo Brücke in Sevilla, Spanien
Abb. 3 - Alamillo Brücke in Sevilla, Spanien

Überteuerte Lösungen entstehen dann, wenn durch Überbetonung der Gestaltung bewusst statisch sinnvolle Lösungen nicht gewählt werden.

Wer also, wie Calatrava bei der Alamillo-Brücke in Sevilla (Abbildung 3), die Ansicht einer Schrägkabelbrücke aus der einer fliegenden Wildgans entwickelt - und daher auf ein Rückhaltekabel verzichtet - und den Querschnitt aus der Frontalansicht eines Kampfstiers - und daher einen zu schmalen Hohlkasten wählt und die Mitwirkung der Fahrbahnplatte durch Fugen ausschließt -, darf sich nicht darüber wundern, dass die Baukosten um ein Vielfaches über denen einer statisch sinnvollen Lösung liegen.



QUELLEN UND VERWEISE:

Müssen kostengünstige Brücken unbedingt hässlich sein – Teil 1a/4
Müssen kostengünstige Brücken unbedingt hässlich sein – Teil 2a/4