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Es werden keine Ing. gebraucht

  • Veröffentlicht von Legacy Forum User am 10. Jan. 2005 12:04
  • Neueste Antwort:vor 19 Jahren




„Selbsternannter Sachverständiger“



Man könnte den Eindruck bekommen, dass in unserem Land keine Ingenieure mehr benötigt werden.

Warum ?

In einer Zeit wo jeder mit jedem Cent rechnet, ist es schwer, vor allem privaten Leuten zu vermitteln, das Ingenieurleistungen sich rechnen. Wenn nicht der Druck einer Baugenehmigung oder der Zwang eines Fördermittelantrages dahinter stehen, haben sie selten eine Chance.

Das trifft besonders beim Altbau zu.



Wer immer sich mit dem Erwerb oder der Modernisierung eines alten Hauses befasst, fragt zuerst in seinem Verwandten- und Bekanntenkreis nach. Ein „ selbsternannter Sachverständiger ( s. S. )“ , meist ein Handwerker, z. B. Fliesenleger oder Maler findet sich bestimmt, und dessen Meinung ist dann bestimmend.

Aber auch wenn man im Vorfeld von einem Vorhaben erfährt, kann man als Ingenieur mit Fachwissen werben, sich anbieten und Referenzobjekte vorstellen, in den meisten Köpfen ist fest verankert – „Ingenieur – HOAI – ca.10%, das können wir uns gar nicht leisten “. Oder einfach – „ Ingenieure kosten Geld, wir fragen erst mal unseren Fliesenleger“ . Die häufigste Antwort ist dann : „....wir müssen erst einmal sehen, wo wir mit den Kosten hinkommen, dann melden wir uns.“

Egal wie tief man seinen Honoraranspruch ansetzt, am Ende steht eine Zahl, und diese will man ja doch lieber verbauen als es einem unabhängigen Fachmann geben.

Wer dann wirklich anfängt und nur auf den s. S. hört, überschätzt sich oft selbst, geht in den nächsten Baumarkt, kauft überteuertes oder auch für seinen Zweck ungeeignetes Material. Der Fachverkäufer berät gern, will aber in erster Linie verkaufen. Hinzu kommen etliche Fachkataloge mit oft fragwürdigen Angeboten, die so beschrieben sind, dass sie überall passen. Aber die besten Materialien, z. B. für Feuchte- und Wärmeschutz, werden oft nicht oder nur auf gezielte Anfrage angeboten. Wer weiß schon, dass Polystyrol jeglicher Art als Wandverkleidung in Treppenhäusern Gebäude mittlerer Höhe nicht zulässig ist. Aber auf jeder Baumesse trifft man einen Stand mit so einem Angebot.

Erst wenn es zu spät ist, viel Geld in eindeutig ungeeignete Lösungen geflossen ist und Fehlentscheidungen eingestanden werden, erinnert man sich vielleicht an den Ingenieur.

Hierbei ist besonders ärgerlich, dass diese Praxis auch noch durch die Medien unterstützt wird. So war in der Samstagsausgabe der Freien Presse vom 28. 02. 2004 zu lesen „ ...Tipp: Wem die Kosten von 1000 – 1500 € für den Sachverständigen zu hoch sind, der kann sich an einen Handwerksbetrieb wenden. Diese erstellen Gutachten meist billiger, manchmal sogar kostenlos, wenn ein lukrativer Folgeauftrag winkt“.

Kein Handwerker wird von sich aus einen Ingenieur einschalten. Erst wenn er beispielsweise bei einer durchhängenden Decke einen Stahlträger von sich aus dimensionieren soll, es aber nicht kann, wird eventuell ein Ingenieur gerufen. Wahrscheinlicher aber ist, dass er einen überdimensionierten und damit viel teureren Träger von sich aus wählt. Aus Handwerker- und Eigenbauersicht ist die Gefahr viel zu groß, dass ein Ingenieur dann bei der Besichtigung offensichtliche Verstöße der Bauordnung oder verdeckte Mängel feststellen könnte. Der Ingenieur wird möglichst ferngehalten.



Fazit :

Ingenieure würden gerne dafür sorgen, dass der Kunde (Bauherr) mehr für sein Geld bekommt.

Aber in der heutigen Sparmentalität ist für vernünftige Argumente kein Platz.

Wer es nie erfahren hat, weiss nicht, dass er trotz HOAI und Ingenieur mindestens 15 % mehr für sein erspartes Geld bekommt.

Ein kleines nachweisliches Zahlenbeispiel aus der Praxis :

1. Ein Bauherr holt sich für Restaurierung seiner denkmalgeschützten Fassade in Eigenregie ein Angebot für 100 000 € ein und ist zufrieden.

2. Da er Fördermittel erhalten möchte, muss er sich an einen Ingenieur wenden.

3. Dieser organisiert in gemeinsamen Einvernehmen das Vorhaben ingenieurmäßig neu, korrigiert es fachlich und erweitert es.

4. Der Bauherr bezahlt am Ende den Ingenieur und die Handwerker, bekommt die Hinterfassade auch noch restauriert und gibt insgesamt 100 000 € aus. Das Ausfüllen aufwendiger Fördermittelanträge ist im Honorar des Ingenieurs enthalten.



3 Kommentare

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    • Veröffentlicht von: P.D. (inaktiv)
    • 11. Feb. 2005 08:29
    Klingt ziemlich Naiv, den Bauen kann heutzutage jeder. Jeder wohnt jeden Tag in einer wohnung oder einem Haus, jeder nutzt ja auch jeden Tag die Straßen, also kann man auch das was man jeden Tag nutzt selbst, denn durch die tägliche Nutzung kennt und weiß man ja alles - Erfahrung.

    Wir Ingenieure machen uns das Leben doch selbst schwer, jeder versucht Aufträge zu bekommen, dadurch geht jeder über die Schemrgrenze hinaus. Es ist schon fast so wie bei den Baufirmen.

    • Veröffentlicht von: bau.-ing. (inaktiv)
    • 15. Feb. 2005 16:24
    ich habe schon festgestellt, dass viele leute überhaupt nicht wissen, was bauingenieure können und sich während dem studium aneignen müssen.

    viele denken; 5 jahre studium = baupreise auswendig lernen.

    wenn es sich noch dazu um bauingenieurinnen handelt, traut man ihnen wenig bis gar nichts zu, mit der denke im hinterkopf faruen und technik kann nicht funktionieren.

    • Veröffentlicht von: AL (inaktiv)
    • 10. März 2005 14:47
    ich glaube,das dürfte nicht nur die

    meinung vieler kollegen sein,sondern auch der realität entsprechen.

    leider gibt es nicht nur ingenieure,die sich in diesem berecih tummeln,sondern auch jede menge techniker,die die preise kaputt machen (neben ingenieuren,die leider kaum ahnung von dem haben,was sie einmal gelernt haben und daher für viel zu wenig geld noch viel weniger leistung anbieten).das führt dann unter anderem dazu,dass ingenieure als nicht notwendige kostenverursacher angesehen werden (denn mal ehrlich:einen spannungsnachweis für einen träger auf 2 stützen kann jeder zimmermann und viele kollegen bringen auch nicht mehr!da ich bei einem prüfingenieur arbeite,weiss ich von was ich rede.)hier fehlt ganz einfach die kontrolle(sowohl der leistung als auch der preise).hinzu kommt,dass wirklich der normalbürger mit der tätigkeit des bauingenieurs nichts anfangen kann.ich selber habe im freundeskreis leute,die der meinung sind,wir sind handlanger der architekten.hier läge es an den kammern,besser zu informieren.aus unerfindlichen gründen tut sich da aber nichts.

    falls jemand interesse hat,in eigeninitiative etwas daran zu ändern,kann er sich bei mir melden(vorausgesetzt er zählt sich nicht zu den oben genannten).ich könnte bei meinen vorhaben noch unterstützung brauchen.

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